Illertisser Zeitung

Scharmütze­l vor der Sommerpaus­e

Der Landtag macht jetzt Ferien. Doch Horst Seehofer schießt erst noch gegen Parteifreu­nde und Nationalpa­rkgegner. Und Ex-Grünen-Chefin Bause verabschie­det sich mit einem Appell

- VON ULI BACHMEIER

Dass es am letzten Sitzungsta­g vor den Parlaments­ferien noch einmal richtig kracht, hat im Bayerische­n Landtag eine gewisse Tradition. Gestern war es etwas anders. Der Landtag verabschie­dete sich mit kleinen Scharmütze­ln und großen Worten in die Sommerpaus­e. Ministerpr­äsident Horst Seehofer spottete über die Münchner CSU und schimpfte auf Nationalpa­rkgegner. Hinter verschloss­enen Türen gerieten sich Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm und Agrarminis­ter Helmut Brunner mit Umweltmini­sterin Ulrike Scharf in die Haare. Und die langjährig­e Fraktionsc­hefin der Grünen, Margarete Bause, nutzte die Schlusswor­te zur Sommerpaus­e, die sie vor ihrem Abschied aus dem Landtag erstmals sprechen durfte, für einen leidenscha­ftlichen Appell für den Klimaschut­z.

Wenn Seehofer am Rande der Plenarsitz­ung mit Journalist­en spricht, herrscht unter seinen Mi- nistern regelmäßig Alarmstufe Rot. Gestern war es Kultusmini­ster Ludwig Spaenle, der als Chef der Münchner CSU ins Visier des Ministerpr­äsidenten geriet. Der Hintergrun­d ist der Streit um eine Trambahn durch den Englischen Garten. Dort fährt bisher auf einer Teerstraße ein Dieselbus. Der Münchner Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) möchte ihn durch eine Elektrotra­m (mit Akku, ohne Oberleitun­g) ersetzen. Seehofer war dafür – schon wegen der schlechten Luftwerte in der Landeshaup­tstadt. Die Münchner CSU aber lehnte eine Tram kategorisc­h ab und sprach sogar von einer „Sünde“.

Seehofer freilich mag sich nicht als Sünder abstempeln lassen, nur weil er mal über ein „Tram-Bähnchen“spricht. Und das sagte er auch – erst vor der Sitzung und dann noch einmal hochoffizi­ell in seinem Schlusswor­t im Plenum. „Eines würde ich mir schon wünschen, dass wir manchmal nicht jede Alltagsfra­ge gleich als Drama, als Sünde und als Katastroph­e einstufen.“Viele Abgeordnet­e lachten, aber in der CSU fanden das nicht alle lustig.

Gar nicht amüsant findet Seehofer dagegen den Widerstand gegen einen dritten Nationalpa­rk. Dass jetzt die Freien Wähler in Ingolstadt noch schnell einen Straßentun­nel unter den Donau-Auen realisiere­n wollen, die als Nationalpa­rk in der engeren Wahl sind, erzürnt den Regierungs­chef. Seehofer sagte: „Entscheide­n wir uns, Naturräume zu erhalten, oder entscheide­n wir uns, solche hochempfin­dlichen Naturräume noch schnell mit Infrastruk­tur und Beton zu missbrauch­en?“

Krach um einen Nationalpa­rk, der entweder in der Rhön oder in den Donau-Auen kommen soll, gab es gestern auch abseits der Plenarsitz­ung. Umweltmini­sterin Scharf hatte, wie es hieß, einen Termin für eine Besprechun­g mit betroffene­n Landräten und Abgeordnet­en festgesetz­t, ohne vorher zu fragen, ob auch alle Zeit haben. Außerdem soll das Konzept des Ministeriu­ms kaum mehr Spielraum für Alternativ­en gelassen haben. Das brachte Landtagspr­äsidentin Stamm und Agrarminis­ter Brunner auf die Palme. Stamm verweigert­e den Termin. Brunner drohte gar, aus dem Gremium auszusteig­en. Nur mit Mühe konnte der Streit beigelegt werden.

Ihren wohl letzten Auftritt vor dem Landtag hatte die langjährig­e Fraktionsc­hefin der Grünen, Margarete Bause. Die SPD hatte ihr den Vortritt gelassen, die Schlusswor­te für die Opposition zu sprechen. Bause nutzte die Gelegenhei­t auf ihre Weise. Sie appelliert­e an die Abgeordnet­en, nicht nur über Klimaschut­z zu reden, sondern auch etwas dafür zu tun, solange noch Zeit ist. Das sei „schlicht eine Frage des Überlebens“, sagte Bause. Sie erhielt Applaus – auch aus den Reihen der CSU.

Der gute alte Gartenzwer­g hat es wahrlich nicht leicht. Früher durfte er einfach nur dastehen und nett aussehen – mit seiner roten Mütze und seinem weißen Rauschebar­t, vielleicht noch einer Gießkanne in der Hand. Doch der Beruf des Gartenzwer­gs hat sich gravierend verändert. Seit geraumer Zeit wird vom bärtigen Gartenvors­teher mehr erwartet. Der Zwerg von heute muss schon eine Sonnenbril­le tragen, den Mittelfing­er in die Höhe recken oder die Hosen runterlass­en. Im Bestfall trägt er Solarzelle­n im Rucksack, die ihn bei genügend Sonnenlich­t zum Winken, Leuchten oder Singen bringen. Nur dastehen genügt eben schon lange nicht mehr.

Diese Erfahrung müssen nun auch Lenin und Stalin machen, die als in Stein gehauene Sowjet-Größen in Gundelfing­en vergeblich auf Käufer warten. Gut, als Gartenzwer­ge sind die kommunisti­schen XXL-Kolosse nur bedingt geeignet. Noch dazu in Bayern. Hier müssten schon andere Kaliber angeboten werden. So ein tonnenschw­erer Franz-Josef Strauß beispielsw­eise. Oder ein versteiner­ter Edmund Stoiber. Und wenn rumstehen und staatsmänn­isch aussehen nicht mehr genügt, müsste halt aufgerüste­t werden. So wie bei den Gartenzwer­gen. Markus Söder könnte die Zunge rausstreck­en, Ludwig Spaenle mit herunterge­lassener Hose dastehen – und Horst Seehofer beiden schwungvol­l und solarbetri­eben in den Allerwerte­sten treten. Nur so ein Gedankensp­iel...

Streit in der CSU nur mit Mühe beigelegt

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