Erfülltes Leben ist Beziehung
Letzte Woche beendete ich eine Trauerfortbildung, die ich über vier Module mit einer Kollegin geleitet hatte. Ich war zutiefst berührt von den Beziehungen, die neu gewachsen sind, sowohl unter den Teilnehmer/-innen als auch zwischen ihnen und mir. Wir erlebten, wie Beziehungen zu Lebenden und Verstorbenen eine ganz neue Richtung bekamen, wie Beziehungen ein Stück heil wurden.
Wie sich eine Beziehung entwickelt und ob sie erfüllt, bereichernd oder kompliziert wird, das liegt zunächst an mir selbst. In jeder Begegnung bestimme ich, mit welcher Tiefe und Achtsamkeit ich da bin. Ich entscheide je neu, mit welchem Interesse ich mich auf die Beziehung einlasse. Gelingt es mir, in der Begegnung ganz präsent zu sein, dann wird mich diese Beziehung prägen. Ich werde aus dieser Begegnung anders herausgehen, als ich hineingegangen bin. Jede gelebte Beziehung verändert. Sie kann mich beflügeln oder auch belasten.
Wir spüren selbst sehr genau, welche Beziehung in welche Richtung geht. Für mich ist es wichtig hinzuspüren, welche Beziehung mich stärkt. Gleichzeitig darf ich mich von Menschen distanzieren, die mich mit ihrer Negativität nur belasten, ohne selbst etwas verändern zu wollen. Wo aber Offenheit, Wertschätzung und Interesse am anderen besteht, da fließt eine stärkende Kraft. In diese Beziehung investiere ich gerne Energie und Zeit. In dieses Beziehungsgeflecht zu Menschen gehört auch die Beziehung zu mir selbst und zu Gott.
Alle diese Beziehungen stehen letztlich in direktem Bezug zueinander. Sie bereichern sich gegenseitig und sind Spiegelbild füreinander. Und doch bin ich mir bewusst: Erfüllte Beziehungen sind letztlich Geschenk. Ich kann sie nicht einfordern. Wie bei jedem Geschenk kann ich jedoch die Hände ausbreiten. Wenn ich mich für den anderen interessiere und ihm wertschätzend begegne, dann übernehme ich die Verantwortung für meinen Teil der Beziehung. Der Rest ist Geschenk.