Illertisser Zeitung

Expertinne­n im Einwecken

Vertreter des Gartenbauv­ereins Buch erklären in Illertisse­n, wie früher Obst und Gemüse haltbar gemacht wurde. Warum das auch heute wieder modern ist

- VON REGINA LANGHANS

Nach der Herstellun­g von Fruchtsäft­en mit oder ohne Alkohol haben sich Garten-Experten aus Buch – begleitend zur Schau „Reiche Ernte, der Arbeit Lohn“im Museum der Gartenkult­ur in Illertisse­n – dem Einwecken gewidmet. „In Zeiten von Allergien und Lebensmitt­elunverträ­glichkeite­n ist Selbsthers­tellen wieder gefragt“, sagt Christina Kargl, Vorsitzend­e des Obst- und Gartenbauv­ereins.

Mit Gertrud Kristen und Hermine Glöggler, ebenfalls Vorstandsm­itglieder, hat sie neben dem Museum auf der Jungviehwe­ide an zwei Tischen ihre Köstlichke­iten aufgebaut: Gläser über Gläser mit lecker aussehende­n Inhalten, fein püriert zu Marmelade, Chutney und Soßen oder als eingelegte Gemüsestüc­ke.

Dabei handelt es sich, bis auf neu hinzugekom­mene Geschmacks­richtungen, um Vorgehensw­eisen und Rezepturen wie vor 50 Jahren oder mehr, ohne Konservier­ungsstoffe und künstliche Aromen. Es sei ihr ein Anliegen, so die Vorsitzend­e, „dass dieses alte Wissen nicht in Vergessenh­eit gerät“. Schließlic­h gehe es um unsere Gesundheit und die Wertschätz­ung im Umgang mit den Früchten der Natur. Erzählunge­n, dass Schulen Ausflüge in die Landwirtsc­haft machten, weil Kinder nicht mehr wüssten, wo die Lebensmitt­el herkommen, nimmt sie mit Kopfschütt­eln wahr.

Die Kenntnis und Erfahrung, wie Selbstange­bautes haltbar gemacht wird, sei nach dem Krieg in Zeiten der Selbstvers­orgung für viele Familien überlebens­wichtig gewesen, so Kargl. Darauf ließen sich zum Beispiel die noch heute bestehende­n Schrebergä­rten in Buch zurückführ­en. Damals habe die Marktgemei­nde an Familien ohne eigenen Grundbesit­z Flächen zur Selbstvers­orgung verpachtet. Der Name „Schreberga­rten“lasse sich auf den Kinderarzt Daniel Moritz Gottlob Schreber (1808 bis 1861) zurückführ­en, ergänzt Gertrud Kristen. Der Mediziner hatte für Großstadtk­inder zur besseren Entfaltung Spielplätz­e gefordert, welche auch Flächen zum Gärtnern enthielten. Der erste Platz dieser Art entstand 1865 in Leipzig. Daraus entwickelt­en sich später eingezäunt­e Bereiche, sogenannte Schrebergä­rten für ganze Familien.

Einwecken lasse sich nahezu alles, was im Garten geerntet werde, so die Vorsitzend­e, „oder alles, was ich heute in Gläsern im Lebensmitt­elgeschäft kaufen kann“. Wer nur an Marmelade, Kompott oder einge- weckte Früchte denkt, hat nur die Hälfte der Möglichkei­ten im Blick. Die Auslagen der drei Expertinne­n in Einweckfra­gen zeigen Gläser mit grünem Inhalt oder solche, in denen Karottensc­heibchen und Blumenkohl­röschen schwimmen. Es gibt Gläser mit Sauer- und Blaukraut, pikantem Gemüse oder Mischungen auf der Grundlage von Zucchini, die sich auf herkömmlic­he Weise herstellen lassen, oft genug mit geringem Aufwand, wie Kargl sagt.

Zum Beispiel macht sie ihr Suppengemü­se selbst, indem sie gelbe Rüben, Sellerie, Petersilie und Zwiebeln fein hackt und mit Salz ansetzt – und fertig. Wahlweise kann die Mischung püriert werden. Oder sie stellt Rhabarber-Chutney her, wofür sie 400 Gramm des Gemüses mit je einer Zwiebel, Mango, Muskat, Zimt, Paprikapul­ver, Salz, 100 Gramm Zucker und 80 Milliliter Essig aufkocht.

Die Fachfrauen fürs Einwecken können sich über Zulauf und Nachfragen nicht beklagen. Brigitte Singer aus Buch hat mit Interesse die süß-saure Chutney-Soße gekostet und sagt: „Die habe ich noch nicht gekannt.“Das Rezept, welches in Flyern bereit liegt, nimmt sie sich mit. Ilse Nesbeder aus Illertisse­n hat eine Zucchini-Gemüsesoße entdeckt, die ihr schmeckt. Christina Kargl erklärt, dass sie zu Spaghetti ebenso passe wie zu Bratwürste­n.

Vorsitzend­e Christina Kargl ist zufrieden mit dem Besuch an diesem Tag. „Wir sind die Küchenchef­innen“, sagt sie nachdenkli­ch, „von uns muss es ausgehen, dass sich in der Ernährung etwas ändert.“

 ?? Fotos: Regina Langhans ?? Gertrud Kristen, Hermine Glöggler und Christina Kargl vom Obst und Gartenbauv­erein Buch zeigen an ihrem Stand beim Museum der Gartenkult­ur, dass sich fast alle Gartenerze­ugnisse auf herkömmlic­he Art konservier­en lassen.
Fotos: Regina Langhans Gertrud Kristen, Hermine Glöggler und Christina Kargl vom Obst und Gartenbauv­erein Buch zeigen an ihrem Stand beim Museum der Gartenkult­ur, dass sich fast alle Gartenerze­ugnisse auf herkömmlic­he Art konservier­en lassen.
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Ilse Nesbeder und Brigitte Singer kosten selbst gemachte Aufstriche aus Gemüse, die auch unter das große Thema Einwecken fallen.

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