Heftiger Streit um Geld: Wer drohte wem?
Zwei Familien sollen aneinandergeraten sein. Vor Gericht widersprechen sich ihre Aussagen
Als ziemlich verwirrend erwies sich ein Fall, der am Dienstag im Amtsgericht Memmingen behandelt worden ist. Denn aus einer Bedrohung wurden drei Geschichten, eine Zeugin widersprach sich – und der Angeklagte kam sprichwörtlich mit einem blauen Auge davon.
Folgendes soll sich laut Staatsanwältin im Sommer 2016 in einer Gemeinde im Landkreis Unterallgäu ereignet haben: Vermutlich im Streit um Geld, soll ein Kosovare auf den Sohn seines ehemaligen Vermieters losgegangen sein und gesagt haben: „Ich mache dich tot. Leute wie dich hätte man im Kosovo erschossen.“Dann soll der Angeklagte seinen Kontrahenten mit einem Teppichmesser bedroht haben. Der Angeklagte erzählte im Sitzungssaal jedoch eine ganz andere Geschichte: „Ich wollte meine Kaution wiederbekommen. Der Sohn meines Vermieters hat dann gemeint, es gibt keine Kaution“, sagte der Mann, der seine Worte von einem Dolmetscher übersetzen ließ. Der Sohn seines ehemaligen Vermieters habe ihn bedroht und gesagt, dass er ihn umbringe.
Es gehe aber nicht um einen Mietstreit, sagte die Richterin bestimmt, sondern darum, dass der Angeklagte jemanden bedroht haben soll. Doch auch die gerufene Zeugin und Frau des ehemaligen Vermieters konnte nicht wesentlich zur Klärung des Falls beitragen. Zunächst sagte die 54-Jährige, sie habe an jenem Tag im vergangenen Jahr nicht gesehen, was zwischen ihrem Sohn und dem Angeklagten passiert sei. Außerdem habe sie nicht bei der Polizei ausgesagt. In den Akten, die der Richterin vorlagen, war jedoch ein polizeiliches Protokoll mit Angaben der Frau. Und laut diesen habe die 54-Jährige geäußert, dass der Angeklagte laut und aggressiv gewesen sei, und dass er gesagt habe, er bringe ihren Sohn um. „Haben Sie das gesehen?“, fragte die Richterin. „Nein“, antwortete die türkisch-stämmige Zeugin, ebenfalls mithilfe eines Übersetzers. „Warum steht das dann hier?“, fragte die Richterin mit Nachdruck. „Was haben Sie gehört?“Und dann erzählte die Zeugin eine weitere Version des Vorfalls: „Der Angeklagte sagte zu meinem Sohn, er holt das Messer und er tötet ihn. Dann ist er in den Keller gegangen.“Die Richterin fragte zum wiederholten Mal, ob die Zeugin die Todesdrohung gehört habe. „Ich habe es gehört und gesehen. Er hat Deutsch gesprochen und war betrunken.“Sogar das Messer wollte sie gesehen haben, sagte sie. Mit der Polizei habe jedoch nicht sie, sondern ihr Sohn gesprochen, der soll auch die Beamten gerufen haben. Ob die beiden anderen Zeugen, die ebenfalls geladen waren, zur Klärung des Falls beigetragen hätten, blieb offen – beide waren nicht erschienen.
Die Anwältin des Angeklagten plädierte für die Einstellung des Verfahrens. Die Zeugen zeigten ihrer Meinung nach kaum Interesse an der Sache. Und so kam es auch: Das Verfahren wurde vorläufig eingestellt. Allerdings muss der Angeklagte, der 700 Euro monatlich zur Verfügung hat und dessen Frau 450 Euro pro Monat verdient, 800 Euro Geldbuße an das Familienpflegewerk Unterallgäu bezahlen. Zahlt er das nicht, wird das Verfahren wieder aufgenommen.