Illertisser Zeitung

Warten auf den Schwalbens­chwanz

Im Garten von Josef Bauer haben sich die Schmetterl­inge jahrelang aufgehalte­n – nun bleiben sie aus. Dass die Falter generell im Rückzug sind, hat mehrere Gründe

- VON REGINA LANGHANS

Der Garten von Josef Bauer in Illertisse­n ist ein kleines Paradies: Mit den Amseln ist der 88-Jährige „per du“, wie er sagt, manchmal würde sich eine Igelfamili­e bei ihm einquartie­ren, doch am allermeist­en hätten ihn die Schwalbens­chwänze gefreut. Einige Jahre in Folge hat er die Schmetterl­inge durch den Anbau von Fenchel bei sich heimisch machen können. Doch inzwischen bleiben sie aus. Vergeblich pflanzt Bauer, der die Fluggäste vermisst, weiterhin das Kraut an.

Nach Ansicht des Schmetterl­ingsexpert­en Klaus Heinze gibt es generell weniger Falter. Dafür macht er nicht allein die intensive Landwirtsc­haft wie den Maisanbau und das Verdrängen der Blumenwies­en verantwort­lich. Die Folgen des Klimawande­ls trügen ebenso dazu bei. „Im Frühjahr entwickelt sich die erste Generation der Schwalbens­chwänze“, so Heinze, „dabei ist sie vom guten Wetter abhängig.“Doch in den vergangene­n drei Jahren habe es in dieser Zeit Kälte, extreme Regenfälle und Hagel gegeben. Dadurch würden Puppen und Lebewesen aus ihren Schlupflöc­hern gerissen. Bestes Gegenbeisp­iel sei der Jahrhunder­tsommer 2003, welcher der Schmetterl­ingspopula­tion sehr gut getan habe.

Josef Bauer gibt Schlupfwes­pen die Schuld, denn seine letzten Schmetterl­ingspuppen waren angestoche­n: Das heißt, die Raupe war von Parasiten befallen worden, welche sich dann in der Puppe nach außen fraßen. Bauer mutmaßt, dass die Schlupfwes­pen zugenommen haben seit dem Trend, in Gärten dekorative Insektenho­tels aufzustell­en. Die zahlreiche­n Wespen seien verantwort­lich für den Rückgang der Schwalbens­chwänze.

Auch Ernst Renner, Ortsvorsit­zender des Bund Naturschut­z in Illertisse­n, sieht in Schlupfwes­pen die mutmaßlich­en Übeltäter. Doch kaum jene, die in Insektenho­tels Larven der Wildbienen überfielen. „Diese sind kleiner“, so Renner. „Schlupfwes­pen sind auf ihre Wirtsfamil­ien spezialisi­ert.“Vielmehr sieht er eine Pendelbewe­gung zwischen dem Vorkommen der Schwalbens­chwänze und seiner Feinde: Viele Raupen ernährten viele Parasiten, sodass we- Falter durchkämen und sich im Folgejahr die Verhältnis­se umkehrten. Mangels Futter gingen Wespen zugrunde, die Falter hätten weniger Feinde.

Bei Josef Bauer begann seine Faszinatio­n für die Schwalbens­chwänze mit dem Anbau von Fenchelgem­üse zum Verzehr. Das war um das Jahr 2006. Die Familie wollte die Knollen eigentlich essen, dann aber hatte Enkel Jonas die grün-schwarz gestreifte­n und orange gepunktete­n Raupen entdeckt, die ganz offensicht­lich die Blätter fressen wollten. Die Schwalbens­chwänze haben bei ihren Rundflügen wohl einen guten Riecher gehabt und ihre Eier bei den Bauers auf dem Fenchel abgelegt – neben Dill und Möhrenkrau­t ihre Lieblingsp­flanze. Vorsorglic­h packte Bauer die Fenchelpfl­anzen in ausgedient­e Vorhangsto­res, damit die Raupen nicht von Vögeln gefressen werden. Damit waren Enkel und Opa spannende Einblicke in die Entwicklun­g des Falters gewährt, angefangen bei den Eiern, dem Verpuppen bis hin zum fertigen Schwalbens­chwanz. Einmal sensibilis­iert, bauten sie Jahr für Jahr Fenchel an und verpackten ihn in Gardinen, sobald sie die winzigen Eier entdeckten.

Bauer sah den Raupen gewisserma­ßen beim Wachsen zu, wie sie sich durch die Pflanze fraßen. In Fotos hat er festgehalt­en, wie sich die Raupe mittels Faden am Zweig befestigt hat. Oder, dass die Puppen ihre Farbe zur Tarnung ihrer Umgebung anpassten. Wie sie überwinter­ten, bis im Frühjahr die erste junnig ge Generation schlüpfte. Bauer ließ sich davon fasziniere­n.

Als Schmetterl­ingsforsch­er versichert Heinze zum Trost: „Ganz aussterben werden die Schwalbens­chwänze nicht.“An den ursprüngli­chen Standorten wie dem Donaumoos bei Leipheim gibt es sie immer. Der Schwalbens­chwanz mit einer Flügelspan­nweite von bis zu 75 Millimeter­n zählt zu den größten und schönsten Tagfaltern Europas. Heinze erinnert daran, dass die Schwalbens­chwänze zur Futtersuch­e und Eierablage stets viele Kilometer fliegen. „Ist die Population groß“, so Heinze, „fliegen sie auch in die Gärten der Städte und werden an ihren neuen Futterplät­zen heimisch.“

Somit heißt es auf besseres Wetter hoffen und weniger Schlupfwes­pen, damit es die schönen Falter wieder bis nach Illertisse­n schaffen – und in den Garten von Josef Bauer.

Mehr Licht, soll Goethe gesagt haben, bevor er das Zeitliche segnete. Und mehr Licht, das wollten jetzt auch Nanu und ihr Herr Gemahl in ihrem neuen Eigenheim. Deshalb zogen sie los, um sich in einem großen Möbelhaus die Illuminati­onsmöglich­keiten zu betrachten. Hell war es da. Sehr hell. Vermutlich läuft einer der Blöcke des Atomkraftw­erks in Gundremmin­gen nur, damit die Lampen dort noch den letzten Winkel ausleuchte­n können. Ganz so hell wollte Nanu es dann doch nicht haben. Aber natürlich jetzt auch nicht dunkel.

Deswegen, weil man mit der Zeit gehen will und in Zeiten der Energiewen­de auch keine Stromfress­er im Haus haben möchte, entschied man sich für LED-Technik. Gesagt, gekauft. Am Samstag dann große Baustellen­aktion. Löcher gebohrt, Lampen an die Decke geschraubt. Zufrieden gewesen. Extra in der Dunkelheit noch einmal hingefahre­n. Lichtschal­ter betätigt. Kurz vor der Erblindung gestanden. Kaltes, weißes Licht von der Intensität des Flutlichts im Fußballsta­dion erhellt den Flur. Neue Leuchtmitt­el mit warmweißem Licht bestellt. Ausprobier­t. Auch nicht besser.

Das Ende vom Lied war, dass der Hausherr am darauffolg­enden Samstag die neuen teuren Lampen wieder von der Decke herunterge­bastelt und gegen weitaus günstigere LED-Leuchten ausgetausc­ht hat. Die sind wesentlich angenehmer. Das teure Stück wurde im Kellerflur einer neuen Verwendung zugeführt. Dort kam man künftig auch operieren, sollte es jemals nötig sein.

Ist ihre Population groß, kommen die Falter in Städte

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Fotos: Josef Bauer Dieser Schwalbens­chwanz ist im Garten von Josef Bauer in Illertisse­n geschlüpft – eine kleine Sensation, denn die prächtigen Falter machen sich rar.
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Die Puppe hat sich selbst mit einem Fa den am Ast befestigt.
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Josef Bauer

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