Mesale Tolu bleibt weiter hinter Gittern
Gericht lässt Journalistin nicht vorübergehend frei
Die Ulmer Übersetzerin und Journalistin Mesale Tolu bleibt weiterhin im Gefängnis. Das haben gestern Richter in Istanbul entschieden, die ihre Haft überprüft haben. Sie sind zu der Meinung gelangt: Bei der deutschen Journalistin bestehe Fluchtgefahr.
Mit dieser Begründung ist der Antrag abgeschmettert und somit auch die wenn auch trübe Hoffnung der Angehörigen und Freude zerstört worden. Baki Selcuk, Sprecher des Solidaritätskreises „Freiheit für Mesale Tolu“und Freund der Familie, kann nicht nachvollziehen, warum Tolu nicht freigelassen wird. „Frau Tolu ist keine Person, die flüchten würde“, sagt Selcuk auf Nachfrage unserer Zeitung. „Sie ist inzwischen eine bekannte Persönlichkeit und könnte gar nicht so einfach abhauen. Noch dazu ist sie Mutter eines kleinen Kindes – eine Flucht wäre daher sehr schwierig.“Er glaubt eher, dass das Ganze ein erneutes Machtspiel der Regierung sei. Immerhin sei nicht nur Tolu die Haftentlassung verwehrt worden, sondern 18 weiteren Inhaftierten.
Im September werde es eine erneute Haftprüfung geben – „große Hoffnungen haben wir aber nicht“. Jetzt planen Freunde und Verwandte erst einmal, wie sie Tolu weiterhin unterstützen können. Wie berichtet, ist ein Konzert angedacht. Laut Selcuk findet dieses am 7. Oktober in Ulm statt. Wer genau auftritt, sei noch nicht klar.
Nach Angaben des Sprechers wollte der deutsche Botschafter Martin Erdmann Tolu am Mittwoch im Frauengefängnis Bakirköy besuchen. Ob es tatsächlich zu dem Treffen kam, wusste Selcuk gestern noch nicht. Laut Deutscher Presse-Agentur habe er bereits am Dienstag den „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel und den Menschenrechtler Peter Steudtner im Gefängnis Silivri westlich von Istanbul aufgesucht.
Im selben Ort findet ab dem 11. Oktober Mesale Tolus Prozess statt. Diesen wird sie nun in Zusammenarbeit mit zwei deutschen Anwälten, die im September in die Türkei reisen, vorbereiten. Wie mehrfach berichtet, wird Tolu vorgeworfen, Mitglied einer Terrororganisation zu sein und Terrorpropaganda betrieben zu haben. Sie arbeitete für die regierungskritische Nachrichtenagentur ETHA. Ihr drohen bis zu 15 Jahre Haft.