Wenn Autofahrer aggressiv werden
Mehrmals in der Woche landen Anzeigen wegen Stinkefingern und anderen rüden Gesten bei der Autobahnpolizei. Wie gefährlich hitziges Verhalten auf der Straße sein kann, zeigt ein aktuelles Beispiel
Gestreckte Mittelfinger, Raser, die sich aus der Ferne mit Lichthupe ankündigen und Rechtsüberholer – die Polizei kennt sie alle. Erst am Montagmittag sorgte wieder ein aggressiver Autofahrer für Aufsehen: Auf der A7 bei Elchingen wurde ein 59-Jähriger, der auf der linken Spur unterwegs war, verbotswidrig rechts vom Fahrer eines roten VW Tiguan überholt. Als er hinüberblickte, zeigte ihm dieser den Mittelfinger und scherte knapp vor dem 59-Jährigen ein. Doch es kam noch schlimmer.
Wie der Mann der Polizei mitteilte, war er gegen 13.15 Uhr auf der A7 kurz vor dem Autobahnkreuz Ulm/Elchingen in Richtung Kempten unterwegs. Der Mann im VW mit Wiesbadener Kennzeichen (WI) lenkte nicht nur direkt vor ihm auf die linke Spur, sondern bremste ihn sogar noch aus. So sehr, dass der 59-Jährige, der mit einem VW Sharan unterwegs war, ausweichen musste. Der aggressive Vordermann hatte offenbar noch nicht genug: Er drängte den 59-Jährigen so weit nach rechts ab, dass dieser sein Auto auf dem Seitenstreifen zum Stehen bringen musste.
Auch der Tiguan-Fahrer hielt mit seinem Auto an, stieg aus und lief auf den noch im Auto sitzenden 59-Jährigen zu. Dieser ließ die Scheibe herunter, um mit dem Verkehrsrowdy ins Gespräch zu kommen. Doch dieser dachte wohl gar nicht ans Reden: Wie die Polizei weiter mitteilt, schlug er dem 59-Jährigen durch die geöffnete Seitenscheibe mit der Faust ins Gesicht und verletzte ihn dadurch. Danach setzte der Fahrer des roten Wagens unbeirrt seine Fahrt in Richtung Füssen fort, während der 59-Jährige aus dem Raum Stuttgart Anzeige bei der Autobahnpolizei erstattete.
Dort kennt man solche Vorfälle nur zu gut: Etwa zwei- bis dreimal pro Woche landen Anzeigen gegen Mittelfinger- oder Vogel-Zeiger bei Werner Schedel auf dem Schreibtisch. Der Chef der Autobahnpolizei Günzburg (APS) und seine Kollegen gehen der Sache nach, holen Aussagen dazu ein und leiten die Sache an die Staatsanwaltschaft weiter.
Mittelfinger zeigen gelte als Beleidigung und „kommt oft in hitzigen Situationen vor – beispielsweise im Stau, an Baustellen, wenn sich Leute im Reißverschlussverfahren einreihen sollen oder eben dann, wenn es Autofahrern nicht schnell genug gehen kann“, sagt Schedel. Härter bestraft würden Nötigungen – wie sehr nahes Auffahren oder übertriebenes Lichthupen. „Es ist erlaubt, außerhalb geschlossener Ortschaften einmal die Lichthupe zu betätigen, um anzuzeigen, dass man überholt – als Warnsignal. Wer unaufhörlich drauf drückt, macht sich strafbar“, sagt der Chef der APS.
Er nennt so ein aggressives Verhalten wie das des Autofahrers am Autobahnkreuz höchst fahrlässig. „So etwas geht gar nicht“, sagt Schedel. „Gerade an Stellen mit hohem Verkehrsaufkommen kann so ein Verhalten böse Folgen haben.“Das riskante Ausbremsmanöver hätte Auswirkungen auf andere, unbeteiligte Autofahrer haben können, die womöglich vor Schreck abbremsen und so einen Unfall verursachen.
Die Autobahnpolizei kennt das Kennzeichen des geflüchteten Autos, ermittelt nun und hofft auf Zeugen: „Bei dem Verkehrsaufkommen ist es wahrscheinlich, dass das noch andere mitbekommen haben“, so Schedel. Die sollen sich bei der Autobahnpolizei Günzburg (08221/ 919-311) melden.