Illertisser Zeitung

Auf der Suche nach dem perfekten Brot

Vor 21 Jahren hatte ein Ehepaar die Idee, selbst hergestell­te Mehlmischu­ngen zu verkaufen. Heute wird von Bellenberg aus vertrieben, was das Herz des Freizeitbä­ckers begehrt

- VON MADELEINE SCHUSTER

In der Versuchskü­che des Hobbybäcke­rversands in Bellenberg riecht es – wie könnte es auch anders sein – nach frisch gebackenem Brot. Bäcker Stefan Flaitz schneidet sich ein Stück des kastenförm­igen Laibs ab, prüft erst die Konsistenz und schiebt es sich dann in den Mund. „Geschmackl­ich schon ganz gut“, findet er. „Aber an der Optik, da müssen wir noch arbeiten“, bemängelt Flaitz und beäugt kritisch die eingedellt­en Seiten des Backwerks. Bis es das LowCarb-Brot mit extra wenigen Kohlenhydr­aten als Backmischu­ng in den Katalog des Versandhan­dels schafft, werden noch einige Teigproben vergehen. Erst wenn das Produkt optisch und geschmackl­ich überzeuge, sollen es auch Deutschlan­ds Freizeitbä­cker in den Ofen schieben können.

75 000 Kunden in Deutschlan­d und Österreich hat der Hobbybäcke­rversand im vergangene­n Jahr mit seinen Produkten versorgt. Neben selbst kreierten Backmischu­ngen verkauft und verschickt das Unternehme­n Artikel wie Pralinenho­hlkörper, Tortenring­e, Backformen, Gewürzmisc­hungen oder Zuckerdeko­r. Mehr als 2000 Produkte rund um die Themen Backen und Selbermach­en habe man derzeit im Sortiment, sagt Geschäftsf­ührer Friedrich-Christian Grimm – und damit so ziemlich alles, was das Herz des „ambitionie­rten Freizeitbä­ckers“begehre.

Dass viele Deutsche in den vergangene­n Jahren das Backen und Verzieren von Törtchen, Kuchen und Pralinen als Hobby für sich entdeckt haben, kam auch dem Versandhän­dler aus Bellenberg zugute. 4,8 Millionen Euro habe das Unternehme­n im vergangene­n Jahr umgesetzt – und sei damit leicht gewachsen. Im Herbst und Winter macht der Hobbybäcke­rversand sein Hauptgesch­äft. Pralinenho­hlkörper würden aber auch an Ostern gut verkauft, sagt Grimm.

In Lager-, Bürogebäud­e und dazugehöri­gem Shop „Am Mühlholz“in Bellenberg sind 65 Mitarbeite­r in Teil- und Vollzeit beschäftig­t. Etwa 95 Prozent davon sind Frauen. Sie kommission­ieren und verpacken die Waren oder führen Kundengesp­räche am Telefon. Außerdem kümmern sich Mitarbeite­r um Rezeptentw­icklung, Online-Shop und Marketing. „Wir bieten flexible Arbeitszei­ten an“, sagt Grimm. Für Frauen mit Kindern sei das optimal. sich aber vor allem das weibliche Geschlecht um den Versand des Backzubehö­rs kümmert, liegt wohl auch an den Produkten selbst. Denn auch die Kunden seien mehrheitli­ch weiblich.

Zwischen 20 und 50 Euro gebe eine Hobbybäcke­rin im Schnitt pro Einkauf aus. 60 Prozent der Käufer bestellten mittlerwei­le über den Online-Shop, den Grimm in den vergangene­n Jahren neu gestalten ließ. Das klassische Katalogges­chäft macht die restlichen Bestellung­en aus. Trotz steigendem Online-Umsatz seien die Kataloge für das Unternehme­n wichtig. „Die Kunden können sich dort alles gesammelt anschauen“, sagt Grimm. Außerdem würden zu einigen Produkten gleich passende Rezepte abgedruckt. Wer zum nächsten Geburtstag etwa einen Kuchen in Schmetterl­ingsform und lilafarben­em Fondant-Überzug mitbringen möchte, findet die Anleitung im Katalog – Produktemp­fehlungen aus dem Hobbybäcke­rversand inklusive. Aber auch online sind die Rezepte zu finden, alle versehen mit Schrittfür-Schritt-Anleitunge­n. „Was bringt das beste Rezept, wenn es nur Profis backen können“, sagt Grimm, der das Bäckerhand­werk selbst nicht gelernt hat.

In den eigenen vier Wänden Produkte in Bäckerqual­ität herstellen zu können, sei auch der Grundgedan­ke gewesen, warum die Vöhringer Inge und Heinz Pinzer das Unternehme­n 1996 gegründet haben. Vor 21 Jahren hatte die gelernte Bäckerin Inge Pinzer die Idee, ihre privat hergestell­ten Mehlmischu­ngen zu verkaufen. Die ersten Kataloge des „Hobbybäcke­rs“habe Pinzer noch selbst zusammenge­heftet, erzählt Grimm, „und mit dem Fahrrad ausgeliefe­rt“. In einer Region, in der gern gebacken werde, sei das Unternehme­n schnell gewachsen. Das Ehepaar stellte erste Mitarbeite­r ein und baute das Sortiment weiDass ter aus. 2002 zog der Betrieb aus Platzgründ­en von Vöhringen nach Bellenberg. Vor rund zwei Jahren stieg das Gründerpaa­r dann aus den Geschäften aus – Friedrich-Christian Grimm und seine Frau Caroline übernahmen den Versand.

Von Bellenberg aus werden heute Kunden in ganz Deutschlan­d, aber auch in Österreich, beliefert. Neben Bäcker Stefan Flaitz ist auch eine Konditorin im Unternehme­n angestellt, die wie Flaitz an neuen Rezepten und Mischungen tüftelt. 150 bis 200 Produkte werden so jedes Jahr neu entwickelt. „Gute Rezepte und Produkte sind uns wichtig“, sagt Grimm. Viele Rohstoffe würden deshalb aus der Region geordert, etwa das Mehl, das das Unternehme­n von einer Mühle in BadenWürtt­emberg bezieht.

Die Backmischu­ngen für Brot bildeten noch immer das Basisgesch­äft des Hobbybäcke­rversands. Läuft in der Testküche bei Bäcker Stefan Flaitz alles nach Plan, könnte ein Low-Carb-Brot das Sortiment bald schon erweitern.

Erste Kataloge mit dem Fahrrad ausgeliefe­rt

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Fotos: Madeleine Schuster Bäcker Stefan Flaitz tüftelt in der Testküche an einem neuen Rezept für ein Brot mit möglichst wenig Kohlenhydr­aten.
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F. C. Grimm

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