Regisseur in Arrest, Premiere gesichert
Wie die Staatsoper im Fall des russischen Theatermachers Serebrennikow reagiert
Der in seiner Heimat Russland unter Hausarrest stehende Regisseur Kirill Serebrennikow soll seine in Stuttgart geplante Märchenoper „Hänsel und Gretel“selbst vollenden. Man wolle ihm die Möglichkeit offenhalten, seine Inszenierung nach seiner Freilassung an der Stelle fortzusetzen, an der sie durch seine Verhaftung unterbrochen wurde, sagte Opernintendant Jossi Wieler am Dienstag in Stuttgart. So lange werde Serebrennikows Fassung quasi auf Eis gelegt. Kostüme, Szene oder Bühne, wie sie der Russe erdacht hat, blieben auf absehbare Zeit unangetastet. Niemand könne, dürfe und wolle seine Produktion stellvertretend zu Ende bringen, sagte Wieler. Die Hoffnung sei da, dass Serebrennikow seine Ideen dann im Rahmen einer Wiederaufnahme eventuell in der Spielzeit 18/19 nachträglich doch noch auf die Stuttgarter Bühne bringe.
Am Premierendatum 22. Oktober will die Oper Stuttgart dennoch festhalten. Dann aber wird etwas ganz anderes gezeigt als bisher geplant. Mit Material, das bei den Vorarbeiten entstand, wird das gesamte Opernteam einen Abend unter dem Titel „Hänsel und Gretel. Ein Märchen von Hoffnung und Not, erzählt von Kirill Serebrennikow“kreieren. Intendant Wieler versprach ein „Fest der Freiheit“, das dem festgehaltenen Künstler gewidmet werde. Auch eine Retrospektive der bisherigen Arbeiten des Regisseurs sei geplant, dazu Vorträge und Diskussionen über die Schwierigkeiten von Kulturschaffenden in Russland.
Im Mittelpunkt dieser Premiere stehen große Teile eines von Serebrennikow vergangenes Jahr für die Stuttgarter Märchenoper in Ruanda gedrehten Spielfilms, ergänzt durch eine Dokumentation dieser Dreharbeiten. „Wir wollen an diesem Abend nicht nur das Märchen erzählen, sondern auch über unseren Erzähler, der bei seiner Erzählung unterbrochen wurde“, erklärte Dramaturgin Ann-Christine Mecke. Engelbert Humperdincks Musik werde komplett aufgeführt.
Kirill Serebrennikow, Leiter des Moskauer Avantgarde-Theaters Gogol, steht seit 23. August – und zunächst bis 19. Oktober – wegen Betrugsverdachts unter Hausarrest. Demnach könnte er bei der Premiere am 22. Oktober sogar in Stuttgart dabei sein. „Diese Hoffnung haben wir noch“, sagte Wieler. Die Ermittlungsbehörde wirft Serebrennikow vor, 68 Millionen Rubel (etwa eine Million Euro) staatlicher Förderungen unterschlagen zu haben. Dem Künstler sei ein Kommunikationsverbot auferlegt worden, berichtete Wieler. Kontakt sei ihm nur zu seinem Anwalt und engsten Familienangehörigen gestattet.