Faszination Flohmarkt
Jede Woche bestücken die Anbieter ihre Tische neu mit Kram und Krempel. Und man weiß nie, welche Schnäppchen dieses Mal die Käufer locken
Der Keller ist voller Kruscht, in der Garage hat sich Zeug angesammelt und im Kleiderschrank hängt auch manches altehrwürdige Stück … Da gibt es nur eins: Alles in die Schachtel, den Tapeziertisch dazu und ab auf den nächsten Flohmarkt. In jeder größeren Ortschaft gibt es solche Trödelbörsen inzwischen. Mehr oder weniger regelmäßig. Und unglaublich beliebt. „Unsere Flohmärkte ziehen tausende Leute an“, sagt Norman Köck selbstbewusst.
Als Veranstalter ist der Neu-Ulmer seit fast 20 Jahren im Geschäft. Er organisiert zahlreiche Flohmärkte im westlichen Schwaben, sei es in Burgau, in Ichenhausen, in Günzburg oder in Thannhausen. Von seinen Anbietern kennt er die meisten seit vielen Jahren. „Ich begrüße sie mit Handschlag, die Damen bekommen ein Küsschen auf die Wange.“Flohmarkt ist für Norman Köck mehr als Kaufen und Verkaufen. Es ist ein geselliges Ereignis, das die Menschen zusammenbringt.
Mit Flohmarkt verbindet Köck Unterhaltung, Spaß und Sammelleidenschaft. Die Leute flanieren zwischen den Verkaufstischen, sie fachsimpeln und feilschen. Sie essen und trinken. Auf der anderen Seite stehen nicht wenige ältere Damen, die ihre karge Rente mit dem Trödel ein bisschen aufbessern. „Vierzig Prozent von ihnen rutschen in die Sozialhilfe, wenn es keine Flohmärkte gäbe“, weiß Norman Köck. Deshalb ärgert er sich gewaltig, dass die Behörden es ihm immer schwerer machen, an Sonn- und Feiertagen Märkte abzuhalten. Sie unterstellen ihm Erwerbsabsicht. „Ich habe doch auch Kosten“, rechtfertigt er sich – für Platzmiete, Toiletten, Reinigung und Gebühren.
Djurhan Amedovski in Augsburg treffen die Auflagen ganz genauso. Er veranstaltet jede Woche einen Flohmarkt bei der Rockfabrik und andere Märkte. Amedovski lässt seine Mitarbeiter ein Merkblatt verteilen, damit die Anbieter nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommen – dass sie zum Beispiel ohne Gewerbeschein keine Neuware und nichts Verpacktes verkaufen dürfen.
Besondere Vorsicht empfiehlt er bei DVDs. Privatleute achten nicht unbedingt darauf, dass die Filme erst ab 18 Jahren freigegeben sind. „Auf den Kassetten steht meistens nur Paragraf 12 JuSchG drauf und die Verkäufer meinen, dieser Film sei ab zwölf freigegeben“, erklärt Amedovski. Und schon haben sie Ärger mit der Polizei. Packt jemand Waffen oder Munition für den Verkauf aus, ruft der Veranstalter selbst die Polizei. Denn solche heiße Ware verstößt definitiv gegen das Gesetz.
Die große Freiheit herrscht bei der Preisfindung. Es gilt der Handschlag, bezahlt wird bar und das erworbene Stück wechselt den Eigentümer wie besichtigt. Eberhard Fetzer aus Immenstadt, der im Allgäu seit 30 Jahren Flohmärkte veranstaltet, rät den Verkäufern, sie sollten sich vorher gut anschauen, was sie anbieten wollen. Denn immer wieder gehen Sachen krass unter ihrem Wert über den Tisch. Amedovski hat schon erlebt, dass eine echte goldene Rolex-Uhr für zehn Euro angeboten wurde. „Der Käufer gab von sich aus vierzig Euro. Aber auch das war viel zu wenig.“
Mit Schnäppchenjägern ist allemal zu rechnen. Vintage ist modern und „Second-Hand-Ware genießt wieder hohe Akzeptanz“, sagt Fetzer. Fernsehshows wie „Bares für Rares“mit Horst Lichter oder der „Trödeltrupp“von sind beliebt. Aber auch die passionierten Sammler streifen wachen Auges über die Flohmärkte, um Raritäten aus all dem Krimskrams herauszupicken. Man weiß ja nie, was die Leute wieder alles anschleppen.