Was sich der Audi Chef und ein Bischof zu sagen haben
Rupert Stadler und Gregor Maria Hanke sprechen in Ingolstadt über Wohlfühl-Luxuswagen und meditierende Manager. Am Ende hatten beide etwas zu beichten
Auf der einen Seite sitzt Rupert Stadler, 54, schwarzer Anzug, schwarze Designer-Schuhe, und schwärmt von einem Audi A8. Für ihn ist das längst mehr als ein Auto, der Konzernlenker erzählt von einem „Büro, Chatroom, Konzertsaal“. Ihm gegenüber sitzt Gregor Maria Hanke, 63, Bischof von Eichstätt, schwarzer Anzug, schwarze, bequeme Freizeitschnürschuhe. Einst war er Abt in Plankstetten, begründete dessen Ruf als „grünes Kloster“. Er sagt: „Ich würde mir keinen A8 kaufen und leisten wollen.“
Beide waren Gäste einer Gesprächsrunde in Ingolstadt, die die Katholische Akademie in Bayern anlässlich ihres 60. Geburtstags initiiert hatte. Das Thema lautete „Mobilität und Nachhaltigkeit“. Schon bald war klar: Irgendwie werden die beiden Männer nie ganz zueinanderfinden. Beide teilen sie zwar die Liebe zur Natur, beide fahren – durchaus auch mal flotter – mit dem Motorrad durch die Region (Hanke: „Das ist ein schwarzer Fleck auf meiner ökologischen Seele“). Doch dann? Der Mönch Hanke, der schon mit Audi-Managern im Kloster meditiert hatte und für sich selbst entschieden hat: Du musst nicht überall hin auf der Welt. Der von einer „Ökologie des Herzens“spricht und damit meint, dass Unternehmen nicht nur ökologisch handeln dürften, weil es der Kunde gerade so will, weil es irgendwie schick ist und sich zurzeit rechnet. Nein, vielmehr solle jeder Einzelne bei seinem Handeln auch nachfolgende Generationen im Blick haben, „ein elterliches Verhalten gegenüber der Schöpfung“wünscht sich der Bischof: „Wir kommen an unsere Grenzen, es gibt kein unbegrenztes Wachstum.“
Stadler, der in einem kleinen Dorf im Kreis Eichstätt aufgewachsen ist und in Augsburg Betriebswirtschaft studiert hat, kam aus dieser heilen Welt vor 20 Jahren zum ersten Mal nach China. Empfangen wurde er von Smog, Staub und stinkenden Fabriken. „Dort sind mir die Augen aufgegangen“, sagt er. Nach zwei Tagen lief er nur noch hüstelnd durch die Gegend, andauernd tränten seine Augen. Heute sagt er: „Wer nicht für Nachhaltigkeit sorgt, wird langfristig keine Zukunft haben.“Diese Zukunft sieht für Stadler so aus: Die Autos haben keine Lenker und Pedale mehr, sie werden so etwas wie ein selbstfahrendes Wohnzimmer oder Büro. Angetrieben werden sie von – synthetisch hergestelltem – Erdgas, von regenerativ erzeugtem Strom, ja, auch mit einem Dieselmotor: „Wir werden in Europa den Diesel noch viele, viele Jahre haben.“
Ansonsten spielte die Diesel-Affäre kaum eine Rolle. Stadler sagte noch, „dass wir uns dieses Fehlers annehmen und ihn aufarbeiten müssen“. Blickt Stadler auf die Welt, dann sieht er Millionen von Menschen, die unterwegs sind – und er mittendrin: „Es ist ein Phänomen der Gesellschaft, dass sie mobil sein will.“Er selbst kennt kaum eine Woche ohne Flüge quer über den Erdball. Dann sieht er, wie einfach das Leihrad-System in China funktioniert, und muss leidvoll erfahren, dass man in São Paolo einen halben Tag im Stau verbringt. Diese Erfahrungen sollen Ideen liefern für eine Mobilität der Zukunft. Eine Zukunft, in der nicht mehr die Rede sein soll von Autos, aus denen dreckiges Abgas kommt.
Und schließlich beichtete der Bischof eine Sünde: Er hatte gerade einen Inlandsflug hinter sich, wo er normalerweise doch immer die Bahn nutze. Hanke sah ein bisschen geknickt aus. Stadler schloss sich dem Beichten gleich an, auch er war gerade mit dem Flieger aus Wolfsburg angereist. Das aber mache er mehrmals die Woche.