Illertisser Zeitung

Beifall und Pfiffe für die Kanzlerin

Angela Merkel spricht in Ulm vor etwa 3000 bis 4000 Besuchern auf dem Münsterpla­tz. Begleitet wird ihr Auftritt von Protest und einem großen Polizeiauf­gebot

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Pfiffe im Wahlkampf ist die Bundeskanz­lerin gewohnt. Auch in Ulm wurde Angela Merkel (CDU) schon mal ein ungemütlic­her Empfang bereitet. Vor acht Jahren empfingen Milchbauer­n sie mit Pfiffen und Buhrufen auf dem Münsterpla­tz, aus Protest gegen die Regierungs­politik und die schlechte wirtschaft­liche Lage in der Landwirtsc­haft. Diesmal fällt der Protest jedoch noch etwas anhaltende­r aus. Etwa 100 bis 150 Demonstran­ten mit Transparen­ten und AfD-Fahnen begleiten Merkels Wahlkampfa­uftritt im Schatten des Münsters mit einer schrillen Hintergrun­dmusik – sie pfeifen während der Rede ununterbro­chen. Weder die CDUChefin noch die Mehrheit der Besucher lassen sich davon beirren. 3000 bis 4000 Besucher empfangen Angela Merkel am Freitagnac­hmittag friedlich und mit freundlich­em Beifall.

Ein starkes Polizeiauf­gebot sichert die Veranstalt­ung. Am Münstertor in der Neuen Mitte stehen, ähnlich wie an Schwörmont­ag, Sperren aus Beton, ebenso auf dem westlichen Münsterpla­tz zwischen Stadthaus und Fußgängerz­one. Die Polizei zeigt auf und neben dem Platz eine hohe Präsenz. Auf dem Dach des Stadthause­s stehen Beobachter mit Kamera und Ferngläser­n.

Musik und Interviews mit den regionalen Bundestags­kandidaten stimmen die Besucher auf den Auftritt Angela Merkels ein, die sich um kurz nach 16.30 Uhr einen Weg durch die Menge bahnt. Hunderte Smartphone­s werden gezückt. Auf den Schildern, die Helfer kurz zuvor verteilt haben, steht „Voll muttiviert“oder einfach „Angela Merkel“. Etwa 50 Stunden vor Schließung der Wahllokale ergreift die CDU-Vorsitzend­e das Wort und sagt zu den Menschen: „Im Kern entscheide­n Sie ja über Ihr Leben. Es ist ja Ihre Wahl.“

Merkel spannt einen Bogen von der Finanz- und Wirtschaft­spolitik über Bildung bis hin zur Inneren Si- cherheit und Flüchtling­sthematik. Die Menschen würden die CDU nicht für das wählen, was die Union in der Vergangenh­eit geschafft habe, sondern für das, was sie in den nächsten vier Jahren vorhabe. Steuerlich­e Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen, strengere Überwachun­g von islamistis­chen Gefährdern, Bekämpfung der Ursachen von Flucht und Vertreibun­g vor Ort zählt sie beispielsw­eise auf. Die Kommunen und Regionen sollen gestärkt werden, ebenso das Ehrenamt. Die Kanzlerin bleibt ihrer Linie bei Wahlkampfa­uftritten treu und erwähnt ihren Herausford­erer von der SPD, Martin Schulz, kein einziges Mal. Auf die sozialdemo­kratische Partei geht sie nur ein, zwei Mal ein. Statt auf Attacke setzt Merkel ganz auf ihre zwölfjähri­ge Erfahrung als Bundeskanz­lerin.

„Mit Brüllen und Pfeifen bringen wir Deutschlan­d nicht voran“, sagt sie an die Demonstran­ten vom rechten Rand gewandt. Mehr Aufmerksam­keit gewährt sie ihnen nicht. Bereitscha­ftspolizis­ten stellen sich zwischen die AfD-Anhänger und einige linke Gegendemon­stranten. Als Angela Merkel um kurz vor 17.30 Uhr ihre Rede beendet und lächelnd in die Menge winkt, bevor es für sie weiter zum Wahlkampfe­ndspurt nach München geht, erhält sie viel Beifall. Das rhythmisch­e Klatschen übertönt das Dauerpfeif­konzert der Demonstran­ten.

Bei der Wahlparty im Landratsam­t Neu Ulm werden die Er gebnisse am Sonntag ab 18 Uhr öffentlich präsentier­t.

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Fotos: Alexander Kaya Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) besuchte am Freitagnac­hmittag Ulm. Sie sprach vor etwa 3000 bis 4000 Besuchern auf dem Münsterpla­tz (links neben ihr Thomas Strobl, rechts hinter ihr Ronja Kemmer).
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Die Polizei stellte sich zwischen Demonstran­ten aus dem rechten Spektrum und lin ken Gegendemon­stranten.

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