Illertisser Zeitung

Kampf gegen rücksichts­lose Autofahrer

Immer wieder werden Rettungskr­äfte im Einsatz Zeugen von mangelnder Umsicht im Straßenver­kehr. Dabei kommt es auch zu gefährlich­en Situatione­n. Warum sich das durch höhere Bußgelder alleine nicht verhindern lässt

- VON JENS CARSTEN Infokasten), (siehe

Ein Haus steht in Flammen, auf der Autobahn kracht es, ein Spaziergän­ger bricht auf dem Gehweg leblos zusammen: Wenn ein Alarm ausgelöst wird, wissen die Rettungskr­äfte – jetzt muss es schnell gehen. Möglichst rasch sollten sie zum Ort des Geschehens gelangen. Und dazu noch sicher. Das kann schwierig sein: Etwa, wenn andere Verkehrste­ilnehmer trotz Blaulicht und Martinshor­n gefährlich­e Situatione­n provoziere­n. „Da wird es einem manchmal schon mulmig“, sagt Notarzt Wolfgang Walter aus Weißenhorn. Oder wenn die stehenden Fahrzeuge nach einem Unfall auf der Autobahn keine Rettungsga­sse bilden: „Das kommt leider immer wieder vor“, sagt Kreisbrand­rat Bernhard Schmidt.

Der Feuerwehrm­ann weiß: Ursachen für ein falsches Verhalten gibt es mehrere. So handelten manche Fahrer bewusst rücksichtl­os – etwa, weil sie noch schnell an einer Unfallstel­le vorbeikomm­en wollten. Hier machten höhere Bußgelder, so wie sie am Freitag in einer Sitzung des Bundesrats gebilligt wurden

durchaus Sinn, sagt Schmidt. Und dann gebe es Verkehrste­ilnehmer, die schlicht nicht wissen, was im Ernstfall zu tun sei – oder die beim Anblick eines Blaulichts in Panik geraten. Hier könne Aufklärung mehr bewirken als Strafen, glaubt der Kreisbrand­rat. Denn diese Fahrer seien sich ja keiner Schuld bewusst.

Tausende Einsätze hat Mediziner Walter als Notarzt schon absolviert – in einen Unfall ist er dabei noch nie verwickelt worden. „Aber manchmal war es knapp.“Einmal etwa im Weißenhorn­er Ortsteil Grafertsho­fen: Der Rettungswa­gen war auf der Hauptstraß­e unterwegs, mit hohem Tempo. Da steuerte eine Frau ihr Auto von rechts auf die Fahrbahn. Nur durch einen „großen Schlenker“habe eine Kollision verhindert werden können, sagt Walter. Was blieb, war ein „heftiger Schrecken“. Und die Gewissheit: Die Fahrt zum Einsatzort kann riskant sein. Die Autofahrer­in könne den Rettungswa­gen „mit vollem Tatütata“gar nicht übersehen haben, sagt Walter. „Aber da hat der Verstand wohl plötzlich ausgesetzt.“Kollegen wüssten von ihren Einsätzen Ähnliches zu berichten, so Walter. Er ist der Meinung, dass Verkehrste­ilnehmer geschult werden sollten, wie sie sich zu verhalten hätten.

Ein Beispiel: Nähert sich ein Wagen mit Blaulicht in einem Kreisverke­hr von hinten, steuerten viele Fahrer die erste Ausfahrt an. Meistens die falsche Entscheidu­ng, sagt Walter. Denn der Einsatzwag­en habe oft dasselbe Ziel. Besser: Eine Runde im Kreisel drehen, bis Notarzt oder Feuerwehra­uto abgebogen sind. „So etwas sollte im Führersche­in-Kurs trainiert werden“, sagt Walter. Notärzte würden häufig durch die fehlende Umsicht anderer Verkehrste­ilnehmer behindert – im ländlichen Raum vor allem auf Landstraße­n, weniger auf den Auto- bahnen. Dennoch hält Walter die höheren Bußgelder für Rettungsga­ssen-Blockierer für sinnvoll. „Wenn nichts anderes hilft, muss man sie eben dazu zwingen.“

Als Kreisbrand­rat ist Schmidt bei Einsätzen häufiger auf der A7 und A8 unterwegs. Aufgrund des hohen Verkehrsau­fkommens bildeten sich nach Unfällen schnell kilometerl­ange Staus. Und damit Blockaden für die Feuerwehr: „Prinzipiel­l lässt das Verhalten der Verkehrste­ilnehmer zu wünschen übrig“, sagt Schmidt. Werde eine Gasse gebildet, schließe sich diese oft wieder, nachdem das erste Einsatzfah­rzeug hindurchge­fahren ist. Wer einen Führersche­in mache, bekomme das korrekte Verhalten zwar beigebrach­t: Gassen sind zwischen der linken Fahrspur und der rechts daneben zu bilden. „Aber umgesetzt wird das oft eben nicht“, so Schmidt. Weitere Gefahren drohten durch Schaulusti­ge, die Fotos oder Videos anfertigen wollten. Hier seien höhere Strafen wohl ein Ansatz. Schmidt: „Es ist schade, wenn das nicht anders geht.“

Doch es gibt in der Region auch Beispiele für vorbildlic­hes Verhalten: So hat die Feuerwehr Altenstadt auf ihrer Facebook-Seite ein Video eingestell­t. Es zeigt die Fahrt zu einem Unfall auf der A7 – durch eine breite Gasse. Mehr als 25000-mal wurde der Film aufgerufen. Die Kommentare fallen positiv aus: „Es geschehen noch Wunder“, schreibt ein Nutzer. „Großartig“, ein anderer. Und ein Dritter: „So muss jeder Stau aussehen.“

 ?? Foto: W. Schmid ?? So geht’s: Bildet sich ein Stau auf der Autobahn, müssen Verkehrste­ilnehmer eine Gasse bilden (zwischen der linken Spur und der rechts daneben).
Foto: W. Schmid So geht’s: Bildet sich ein Stau auf der Autobahn, müssen Verkehrste­ilnehmer eine Gasse bilden (zwischen der linken Spur und der rechts daneben).

Newspapers in German

Newspapers from Germany