Linke legt einen bizarren Machtkampf vorerst bei
Mobbing und Intrigen: Wagenknecht und Bartsch bleiben trotzdem Fraktionschefs der Linken
Nach stundenlangen Debatten der neuen Linksfraktion zieht sich das linke Führungsquartett um 18.10 Uhr in den Besprechungsraum O 220 zurück. Zwanzig Minuten beraten die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch mit den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger, wie sie ihren Machtkampf lösen können. Nach Drohungen und Demütigungen soll es wieder friedlich zugehen. Zwei Stunden später hat die Fraktion den Kompromiss gebilligt – und Wagenknecht und Bartsch erneut an ihre Spitze gewählt. Applaus der Abgeordneten: Bartsch erhält 80 Prozent der Stimmen, Wagenknecht 75,4 Prozent.
Unmittelbar vor der Sitzung hatte Wagenknecht mit einem vierseitigen Brief an die Abgeordneten eine Drohkulisse aufgebaut. Sie bringe sich gern weiter ein, schrieb die Frau von Oskar Lafontaine. „Allerdings sehe ich keinen Sinn darin, meine Kraft und meine Gesundheit in permanenten internen Grabenkämpfen mit zwei Parteivorsitzenden zu verschleißen, die offenkundig nicht zu einer fairen Zusammenarbeit bereit sind.“In der Fraktion erzeugte Wagenknechts Rückzugsdrohung wenig Freude, erzielte am Ende aber ihre Wirkung.
Kipping und Riexinger warf Wagenknecht vor, die früheren Personalentscheidungen zugunsten von ihr und Bartsch „aus dem Hinterhalt und mittels Intrigen“zu unterlaufen. Die beiden hätten nie akzeptiert, dass Wagenknecht und Bartsch erst Fraktionschefs und dann Spitzenkandidaten wurden. „Allerdings kann ich Bernd Riexinger und Katja Kipping beruhigen: Sie werden sich nicht die Mühe machen müssen, mich über Monate wegzumobben.“Kämen Anträge durch, nach denen die Parteichefs gleichwertiges Rederecht im Bundestag bekommen und ein Stimmrecht im Fraktionsvorstand, „nehme ich das als mehrheitlichen Wunsch der Fraktion zur Kenntnis, auch die Fraktionsspitze neu zu besetzen“, so Wagenknecht. Das saß.
Den Weg frei für Wagenknecht und Bartsch machte ein Kompromiss: Zwar bekommen die Parteichefs erweitertes Rederecht im Bundestag, dem sie als Abgeordnete angehören. Allerdings nicht das angestrebte Stimmrecht im Fraktionsvorstand. Der Machtkampf hatte bizarre Züge angenommen.
So stand in der dass Riexinger Wagenknecht wegmobben wolle. Unter Berufung auf eine eidesstattliche Versicherung eines Zeugen wurde Riexinger aus einer internen Runde in einer Bar zitiert. „Sahra ist leider nicht aufzuhalten als Fraktionsvorsitzende. Man kann sie nicht einfach abschießen“, soll er gesagt haben. Werde sie aber immer wieder abgewatscht, werde sie sicher von alleine gehen. Riexinger bestritt das.
Wie lange der Burgfrieden hält, bleibt abzuwarten. Ungelöst ist der Streit in der Flüchtlingspolitik. Während Kipping darauf pocht, das Image der Linken als für Flüchtlinge offene Kraft nicht zu gefährden, will Wagenknecht eine Debatte über das Thema.