Pflege im Heim wird teurer
Die Pflegesätze in den drei Unterallgäuer Kreisseniorenwohnheimen wurden erneut angehoben – bevor der Ausschuss zugestimmt hatte. Nicht nur das missfällt einigen Kreisräten
Senioren, die in einem der drei Unterallgäuer Kreisseniorenwohnheime in Babenhausen, Türkheim und Bad Wörishofen leben, müssen dafür seit dem 1. Oktober erneut mehr bezahlen. Vor einem Jahr waren die Sätze um durchschnittlich fast acht Prozent erhöht worden, nun wird es für Bewohner im Schnitt noch einmal um rund 2,39 Prozent teurer. Wie im Vorjahr war der höhere Betrag bereits von den Konten der Bewohner abgebucht worden, bevor der zuständige Ausschuss für Personal und Soziales der Erhöhung in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt hatte.
Die Pressestelle des Landratsamtes begründet den rückwirkenden Beschluss auf Nachfrage unserer Zeitung mit dem engen „Zeitfenster zwischen dem Ergebnis der Pflegesatzverhandlungen und dem Inkrafttreten beziehungsweise der Anzeigepflicht der neuen Pflegesätze gegenüber den Bewohnern und Angehörigen“. Diese müssen mindestens vier Wochen vor der Erhöhung informiert werden. Hätte der Ausschuss nicht zugestimmt, wären die Beiträge laut der Pressestelle zurückgezahlt worden.
Einigen Kreisräten missfällt das Vorgehen trotzdem: Die CSUFraktion mit Ausnahme von Stefan Winter, der an diesem Tag als stellvertretender Landrat die Sitzung leitete, lehnte die Erhöhung ab, sieben Kreisräte befürworteten sie.
Zuvor hatte Franz Mutzel (CSU) beantragt, den nicht öffentlichen Tagesordnungspunkt öffentlich zu behandeln. Schließlich sei das bis vor einigen Jahren immer so gehandhabt worden. Mit Verweis auf die Betriebsinterna, die in der Diskussion zur Sprache kommen könnte, wurde diese aber letztlich abgelehnt, lediglich der Beschluss war öffentlich. Er sieht vor, die Pflegesätze in Babenhausen um 1,9 Prozent zu erhöhen, in Türkheim um 0,21 Prozent und in Bad Wörishofen um 5,06 Prozent. Begründet wird die Anhebung mit steigenden Personal- und Sachkosten. Dass sie in Bad Wörishofen deutlich höher ausfällt als in den anderen beiden Heimen, liegt der Pressestelle zufolge daran, das die Häuser unterschiedlich strukturiert seien und unterschiedliche Sachkosten anfielen.
Für Kreisrat Josef Epp (CSU) ist diese Begründung allerdings nicht schlüssig. Ihn hat zudem schon vergangenes Jahr gestört, dass der Beschluss bereits umgesetzt wurde, bevor er vom zuständigen Gremium gefasst worden war, und wollte deshalb dieses Mal mit seiner Ablehnung ein Zeichen setzen.
Ganz ähnlich argumentiert Mutzel. Er verweist außerdem auf die sechs Vollzeitkräfte, mit denen der deutliche Anstieg der Pflegesätze im vorigen Jahr unter anderem begründet worden war. Tatsächlich seien in Babenhausen aber erst jetzt im Oktober zusätzliche Kräfte eingestellt worden. „Wir haben von den Bewohnern Geld verlangt für eine Leistung, die wir nicht erbracht haben“, folgerte er im öffentlichen Teil der Sitzung.
Laut der Pressestelle hätten in Babenhausen 1,5 Vollzeitstellen, in Bad Wörishofen 1,2 und in Türk- heim 3,3 Vollzeitstellen zusätzlich im Pflegebereich eingesetzt werden sollen. Weil neues Personal jedoch erst gefunden werden müsse, sei im Laufe des vergangenen Jahres Schritt für Schritt aufgestockt worden. „In Bad Wörishofen ist es bereits 2016 gelungen, den Zusatzschlüssel voll auszuschöpfen. In den Heimen in Babenhausen und Türkheim haben wir den neuen Personalschlüssel im Laufe des Jahres 2017 erreicht“, teilt die Pressestelle mit.
Gleichwohl ist auch Stefan Welzel (CSU) nicht zufrieden. Zum einen, weil es unbefriedigend sei, eine bereits getroffene Entscheidung nur noch abnicken zu können und zum anderen, weil die Steigerung in Bad Wörishofen schon zum zweiten Mal in Folge deutlich höher ausfällt als in den beiden anderen Heimen. Eine Anhebung der Pflegesätze von mehr als 14 Prozent innerhalb von zwei Jahren sei „viel zu viel und viel zu hoch“. „Da haben wir schon auch eine soziale Verantwortung“, so Welzel. Denn die Pflegeversicherung decke diese Mehrkosten nicht ab, ihr Anteil an den Gesamtkosten bleibt konstant. Für die Bewohner fällt die Erhöhung dadurch noch deutlich höher aus.
Darauf weist auch Ulrich Ebel hin. Der zweite Vorsitzende des Seniorenhilfevereins in Bad Wörishofen, der jedoch nicht für den Verein spricht, hat ausgerechnet, dass ein Bewohner des Bad Wörishofer Heims mit Pflegegrad vier nun einen Eigenanteil in Höhe von 2230 Euro statt 2067 Euro bezahlen muss – und damit 7,88 Prozent mehr als bisher. Dem stehe eine Rentenerhöhung von nicht einmal drei Prozent in diesem Jahr gegenüber und auch die Gehälter der Angestellten seien nur marginal gestiegen. Zu guter Letzt bat Welzel die Verwaltung, zu prüfen, ob eine Vergrößerung des Hauses in Bad Wörishofen sowohl für den Landkreis als auch die Bewohner langfristig wirtschaftlicher sein könnte.
„Wir haben Geld verlangt für eine Leistung, die wir nicht erbracht haben.“
Franz Mutzel, Kreisrat (CSU)