Alwine wechselt den Besitzer
Ein anonymer Telefon-Bieter aus Berlin hat die Siedlung ersteigert. „Zum Wohle der Einwohner“, wie er auf einem Fax vermerkt
Ein unbekannter Telefon-Bieter aus Berlin hat am Samstag bei einer Auktion die Siedlung Alwine in Brandenburg ersteigert – für 140000 Euro. Das Mindestgebot war 125 000 Euro.
Der abgelegene Ort mit seinen etwa 15 Mietern führte jahrelang ein eher beschauliches Dasein. Viele Wohnungen standen leer. Die maroden Häuser müssten Schätzungen zufolge für mindestens zwei Millionen Euro saniert werden. Dann bemerkten die Anwohner ein Schild: Alwine kommt unter den Hammer! Seitdem war es mit der Ruhe vorbei und der Ärger groß. Von einem Skandal sprach etwa Paul Urbanek aus Alwine im Gespräch mit unserer Zeitung. Weltweit berichteten Medien.
Bei der Auktion am Samstag in Berlin ging dann alles sehr schnell. In weniger als fünf Minuten wurden die neun Wohnhäuser samt löchriger Straße und Waldstück versteigert – es gab nur einen Bieter.
„Er hat sich erst am Samstagmorgen bei uns gemeldet und die Unterlagen per Fax geschickt“, sagt Matthias Knake vom Auktionshaus Karhausen. Und: Der Bieter aus Berlin wolle anonym bleiben. „Wir hatten weltweite Anfragen, sogar aus Indien“, erzählt Knake weiter. Doch viele potenzielle Kunden hätten kein Interesse mehr gehabt, nachdem sie vor Ort gewesen seien. Der neue Besitzer Alwines wolle mit dem Kauf etwas Gutes tun. Auf dem Bestätigungsfax habe er vermerkt: „Zum Wohle der Einwohner.“Darauf hofft auch Ortsvorsteher Peter Kroll, der bei der Auktion in Berlin dabei war. „Unser Wunsch ist es, dass wenigstens die bewohnten Bereiche der Häuser instandgesetzt werden.“Die Häuser seien stark sanierungsbedürftig.
Alwine gehört zur Stadt UebigauWahrenbrück und liegt mehr als hundert Kilometer südlich von Berlin. Einkaufsmöglichkeiten gibt es dort nicht, die einzige Buslinie in der näheren Umgebung macht in Alwine nicht Halt. Die Siedlung war zu DDR-Zeiten Teil einer benachbarten Brikett-Fabrik, die Anfang der 90er Jahre geschlossen wurde.
2001 habe die Treuhand Alwine für eine D-Mark an zwei Brüder verkauft, erklärt der Bürgermeister von Uebigau-Wahrenbrück, Andreas Claus, der auch die Auktion beobachtete. Einer der Brüder sei gestorben, daher die Versteigerung. „Wir sind sehr böse, dass es soweit kommen musste“, kommentiert er den ruinösen Zustand der Häuser mit bröckelndem Putz, kaputten Holzfenstern und undichten Dächern. „Eigentum verpflichtet. Deshalb würden wir gerne mit dem Käufer über seine künftigen Pläne reden.“Er hat dem schon zugestimmt.
Warum sich nur ein Bieter für Alwine fand – trotz des Medienechos? „Das ist eher nichts für Spekulanten, weil die Preise in der Gegend sicherlich nicht steigen werden. Wenn man da nichts macht, sind die letzten Mieter auch bald weg“, meint ein Immobilienhändler aus München. Ein anderer Zuschauer der Auktion schlägt vor, die Häuser abzureißen und ein Waldhotel zu bauen. „Nicht möglich“, sagt Bürgermeister Claus. Alwine sei als Landwirtschaftsfläche ausgewiesen. Die Häuser hätten Bestandsschutz, Neubauten oder Nutzungsänderungen seien nicht machbar.