Sieglos Trainer für die Sieglos Mannschaft
Die Verpflichtung von Peter Stöger mutet skurril an. Allerdings könnte die Verbindung zwischen dem Revierklub und dem Österreicher auch für beide Seiten eine Erfolgsgeschichte werden
Es ist wahrlich eine skurrile Konstellation, die sich da in der Nacht von Samstag auf Sonntag bei Borussia Dortmund ergeben hat. Der BVB bleibt nach dem enttäuschenden 1:2 gegen Werder Bremen der Desasterklub der zurückliegenden Wochen, jedenfalls wenn man den 1. FC Köln ausklammert. Nun haben sie tatsächlich Peter Stöger, den rheinischen Sieglostrainer der ersten 14 Spieltage mit dem BVB, mit der Sieglosmannschaft des Herbstes zusammengeführt. „Ich bin der Trainer, der in dieser Saison bisher drei Punkte gemacht hat“, scherzte Stöger bei seiner Vorstellung. Der BVB blieb zuletzt während zwölf Spielen in Champions League und Bundesliga ohne Sieg. Ein Bündnis der Verlierer soll beim Revierklub „möglichst schnell die Trendwende schaffen“, wie Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke am Sonntagmittag erklärte.
Damit ist Peter Bosz in Dortmund gescheitert, in „bestem Einvernehmen“habe man sich getrennt, berichtete Watzke, und dass Stöger nun die völlig verunsicherte Mannschaft übernimmt, ist keinesfalls so hoffnungslos, wie die jüngsten Statistiken nahelegen. Mit Stöger hatten die Dortmunder sich schon im Frühjahr intensiv befasst, als Watzke und Sportdirektor Michael Zorc nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel fahndeten. Doch da hatte der Österreicher gerade einen historischen Erfolg mit dem 1. FC Köln geschafft und war nicht bereit für einen Wechsel. Nun war er am Samstag zu seiner Mutter nach Wien geflogen, als der Anruf aus Dortmund kam. „Dann bin ich halt wieder hierhergeflogen“, sagte Stöger mit der trockenen Offenheit, die ihn in Köln so beliebt machte. Die Mutter habe sich aber „trotzdem gefreut“.
Der 51-Jährige erhält einen Vertrag bis Saisonende, wäre allerdings auch „für zwei Wochen hierhergekommen“, wie er sagte, und natürlich birgt die Konstellation die Möglichkeit, dass die Liaison danach weitergeht. Wobei es Gerüchte gibt, die Dortmunder verfolgten den Plan, im kommenden Sommer ihren eigentlichen Wunschtrainer Julian Nagelsmann zu verpflichten.
Das könnte noch kompliziert werden, denn Stöger könnte hervorragend zum BVB passen. Er ist ein Trainer, der mit feiner Sensibilität Spielsysteme und Strategien entwickelt, mit denen sich die Spieler wohlfühlen. Genau das gelang Bosz nicht. Und für die zweite Dortmunder Großbaustelle ist Stöger ebenfalls ein ausgewiesener Spezialist: Er gilt als kluger Konstrukteur eines funktionierenden sozialen Gefüges, diese Fähigkeit ist den Verantwortlichen beim BVB besonders wichtig.
Den inneren Zerfallsprozess vermochte Bosz am Ende nicht zu bremsen, am Samstag ließ sich das wieder einmal beobachten. Das Publikum pfiff und schimpfte während und nach dem Bremen-Spiel, und auch die Profis verhielten sich ziemlich unversöhnlich. Die Worte, die Marcel Schmelzer nach dem Spiel wählte, klangen einerseits selbstkritisch, waren aber in Wahrheit reichlich überdreht und kamen sicher nicht bei allen Kollegen gut an. Der Kapitän bezeichnete die Leistung des Teams als „absolute Frechheit“und sagte: „So langsam müssen einfach mal die Köpfe aus dem Hintern gezogen werden und nicht geredet werden. Wir müssen auf dem Platz Fußball spielen.“Bosz nahm er hingegen in Schutz, er sei sich „hundertprozentig sicher“, dass die schwachen Leistungen „nicht die Schuld des Trainers“seien.
Aber solche Aussagen sind keine nüchternen Analysen, sondern auch Politik. Schmelzer und einige Kollegen wie Nuri Sahin oder Mario Götze waren es, die vehement auf eine Entlassung von Thomas Tuchel gedrängt haben, sie tragen einen Teil der Verantwortung, dass Bosz überhaupt nach Dortmund kam.
81 160 0:1 M. Eggestein (26.), 1:1 Aubameyang (57.), 1:2 Gebre Selassie (65.)