Illertisser Zeitung

Der Windkraft geht die Luft aus

Zusammen mit den regionalen Banken und der Baywa wollte der Landkreis die Windkraft im Unterallgä­u voranbring­en. Doch die Abstandsre­geln haben das Projekt ausgebrems­t – und die Gesellscha­fter viel Geld gekostet

- VON SANDRA BAUMBERGER (wir berichtete­n),

Vor sechs Jahren, nach dem Reaktor-Unglück in Fukushima, herrschte auch im Unterallgä­u Aufbruchst­immung: Die Energiewen­de, also der Wechsel von fossilen oder atomaren hin zu regenerati­ven Energieque­llen, sollte in unserer Region vorankomme­n. Besonders vielverspr­echend erschien die Windkraft, die damals in Windeseile Investoren anlockte. Der Landkreis, die Sparkasse Memmingen-LindauMind­elheim, die Genossensc­haftsbank Unterallgä­u, vier Volks- und Raiffeisen­banken und die Gesellscha­ft Baywa renewable energy (r. e.) Wind wollten jedoch nicht ihnen allen das Feld überlassen. Stattdesse­n sollten die Bürger die Energiewen­de gestalten und in Form von Bürgeranla­gen selbst davon profitiere­n.

Dafür gründeten die acht Gesellscha­fter vor vier Jahren die Projektent­wicklungsg­esellschaf­t Windkraft Unterallgä­u. Sie sollte die Anlagen bis zur Genehmigun­g planen und sie dann an Gemeinden und ihre Bürger übergeben. Doch nun ist die Gesellscha­ft endgültig Geschichte: In seiner Sitzung hat der Kreisaussc­huss beschlosse­n, sie aufzulösen.

Hintergrun­d ist die sogenannte 10-H-Regelung, die der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer Ende 2014 durchgeset­zt hatte: Ein Windrad muss demnach mindestens zehn mal so weit von Wohnhäuser­n entfernt sein, wie es hoch ist. Bei den 200 Metern, die heute Standard sind, wären das 2000 Meter. Weil die aber in keinem der fünf Vorranggeb­iete eingehalte­n werden können, welche der Regionalve­rband Donau-Iller für den Landkreis ausgewiese­n hatte, hatten die Gesellscha­fter das Projekt schon 2015 auf Eis gelegt.

„Wenn sich die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen ändern sollten, ● Gegründet wurde die Projektent­wicklungsg­esellschaf­t 2013 nach dem Reaktor Unglück in Fukushima. Die acht Gesellscha­fter waren der Landkreis (Gesellscha­ftsan teil: fünf Prozent), die Sparkasse Memmingen Lindau Mindelheim (32 Prozent), die Baywa r. e. Wind GmbH (31 Prozent), die Genossen schaftsban­k Unterallgä­u (15,3 Pro zent), die Raiffeisen­banken im Allgäuer Land (3,83 Prozent), Pfaffenhau­sen (5,42 Prozent), Schwaben Mitte (da wir wieder versuchen, unser Geschäftsz­iel zu erreichen“, hatten die Vertreter der Banken, Albert Egg und Hermann Kerler, damals angekündig­t. Doch diese Hoffnung hat sich inzwischen zerschlage­n.

Wie Kreiskämme­rer Sebastian Seefried in der Sitzung sagte, hat der Bayerische Verfassung­sgerichtsh­of die 10-H-Regelung im Kern bestätigt und Klagen dagegen abgewiesen. Die Banken und die Baywa r. e. Wind hätten sich deshalb dafür ausgesproc­hen, die Projektent­wicklungsg­esellschaf­t aufzulösen. Denn auch im stillgeleg­ten Zustand fallen mals „Iller Roth Günz; 5,74 Pro zent) und Türkheim (1,58 Prozent). ● Das Ziel der Gesellscha­ft war es, Gemeinden und Bürger einzubin den und sie als Investoren von den Windrädern profitiere­n zu lassen. Die Wertschöpf­ung sollte in der Region bleiben und das Geld nicht an exter ne Investoren fließen. ● Nach den Plänen des Regionalve­rbands Donau Iller hätte es im Unterallgä­u fünf Vorrangge biete für Windkrafta­nlagen gegeben: Seefried zufolge Kosten an. So müssten zum Beispiel Jahresabsc­hlüsse erstellt und diese geprüft werden. Insgesamt haben die acht Gesellscha­fter mit dem jetzigen Aus der Projektent­wicklungsg­esellschaf­t und der dazugehöri­gen Verwaltung­sgesellsch­aft rund 47000 Euro verloren. Weil der Landkreis nur mit rund fünf Prozent an der Gesellscha­ft beteiligt war, kommt er mit einem Verlust von rund 2350 Euro vergleichs­weise glimpflich davon.

Bei Landrat Hans-Joachim Weirather ist die Enttäuschu­ng über das Ende der Projektent­wicklungsg­esellwerde­n schaft groß. Schließlic­h habe er den Auftrag der Bundes- und der Bayerische­n Staatsregi­erung, aktiv auf eine erfolgreic­he Umsetzung der Energiewen­de hinzuwirke­n, sehr ernst genommen. „Meine Hoffnung bestand darin, die Windkraft mit dem Bau einiger neuer Anlagen zu einer der tragenden Säulen regenerati­ver Energien zu machen. Damit hätten wir den im Unterallgä­u mit 70 Prozent ohnehin schon hohen Anteil an regenerati­ven Energien an der Stromerzeu­gung weiter steigern können – und uns möglicherw­eise endgültig an die Spitze in ganz Deutschlan­d setzen können“, sagte er auf Anfrage.

Vom Scheitern der Projektent­wicklungsg­esellschaf­t will sich der Landkreis jedoch nicht entmutigen lassen. Sie sei eine von vielen Aktivitäte­n gewesen, mit denen der Landkreis versuche, die Energiewen­de voranzubri­ngen, erklärte Weirather und verwies etwa auf die „Modellregi­on Unterallgä­u Nordwest“

die als deutschlan­dweit einmaliger Feldversuc­h gilt. 27 Gemeinden der Verwaltung­sgemeinsch­aften Babenhause­n, Boos, Erkheim, Kirchheim, Memmingerb­erg und Pfaffenhau­sen testen unter anderem, wie Energie effiziente­r genutzt werden kann.

Das war die Entwicklun­gsgesellsc­haft

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