Die wundersame Wandlung des Volkswagen-Konzerns
VW will sich vom Diesel-Sünder zum E-Mobilitäts-Vorreiter entwickeln. Noch lastet die Vergangenheit auf dem Unternehmen
VON STEFAN STAHL musste mit dem Konzern durch die Hölle gehen, um vor Weihnachten auf wundersame Weise Zeugnis von seiner offensichtlichen Wandlung vom Saulus zum Paulus abzulegen – und das mit 64 Jahren.
Die Hoffnung stirbt eben doch zuletzt. Wie Paulus zum Missionar Europas wurde, schickt sich der äußerlich einem römischen Imperator nicht ganz unähnliche VW-Chef an, Branche und Politik zu bekehren. Aus Sicht von Daimler und BMW begeht Müller dabei den Sündenfall schlechthin: Er hat sich als Manager geoutet, der glaubt, dass der Diesel-Motor „nicht auf alle Zeiten weiter wie bisher subventioniert werden kann“. Das Geld ist aus Sicht von Paulus Müller, der einst Porsche-Boss war, „sinnvoller in der Förderung umweltschonender Antriebstechniken aufgehoben. Dabei gibt sich der Geläuterte entspannt: Abstriche bei der Diesel-Förderung würde VW aushalten, „ohne gleich Existenzängste haben zu müssen“.
Diesel ist bekanntlich an der Zapfsäule günstiger als Benzin, weil der Kraftstoff subventioniert wird. So ergab eine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung, dass sich der Steuervorteil auf um auch bei Rivalen die Saulus-Paulus-Wandlung zu befördern. Revoluzzer Müller kann sich sogar eine überfällige Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen vorstellen. Der Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup kommentiert die vorweihnachtliche VWWunder-Story bissig: „Die Bundesregierung wird ausgerechnet vom größten Dieselbetrüger zum Subventionsabbau angehalten. Das ist etwa so, als würde der Schwarzfahrer den Schaffner bitten, das Ticket zu kontrollieren.“Die VWMetamorphose lässt sich auch freundlicher betrachten: Am Ende setzt sich das Gute durch. Das ist ein kluger VW-Image-Schachzug. Jetzt wissen viele, dass Volkswagen zum Elektro-Riesen werden will. Das ist gut für Deutschland!
Doch noch kämpft Müller mit den Folgen der VW-Saulus-Zeit: Auch mehr als zwei Jahre nach dem Beginn erschüttert der DieselSkandal den Konzern. So hat das Kraftfahrtbundesamt auch beim VW-Geländewagen Touareg wegen unzulässiger Abgastechnik einen Rückruf angeordnet. Allein in Deutschland geht es um 25800 Autos. Müller hat die Hölle immer noch nicht hinter sich gelassen.