Illertisser Zeitung

Protest gegen Lastwagen im Ried

Lehmtransp­orter könnten künftig über Feldwege zum Ziegelwerk fahren. Der Bellenberg­er Wolfgang Schewetzky will das verhindern – und schließt ein Bürgerbege­hren nicht aus

- VON MADELEINE SCHUSTER

Wolfgang Schewetzky sitzt in seinem Geländewag­en und lässt den Blick über Wiesen, Äcker und holprige Feldwege schweifen. Jetzt, im Winter, liegt die Fläche zwischen dem Autobahn-Parkplatz „Reudelberg West“und dem Ziegelwerk in Bellenberg weitestgeh­end brach. Bäume und Büsche sind kahl. Ein Fußgänger nutzt die sonnigen Stunden am Nachmittag für einen Ausflug in die Natur. Spätestens im Frühjahr, sagt Schewetzky, erwache das „Ried“zum Leben. Dann sei das Gebiet westlich der A 7 nicht nur ein schöner Ort, um spazieren zu gehen oder sich zu erholen. Vor allem für Pflanzen und Tiere sei es ein wichtiger Lebensraum. Vogelarten, wie Sperber, Kauze und Habichte, oder Insekten, wie Wildbienen und Grillen, hätten sich in den vergangene­n 20 Jahren dort angesiedel­t. Doch genau diese sieht der gelernte Landwirt jetzt in Gefahr.

Sollten die Pläne einer Ersatzstre­cke zum Ziegelwerk in Bellenberg umgesetzt werden, würden die Lastwagen genau durch das Biotop fahren, befürchtet Schewetzky. Angedacht ist, den Transportv­erkehr vom A-7-Parkplatz „Reudelberg­er Forst West“über Feldwege zur Lehmgrube zu führen. Das bayerische Verkehrsmi­nisterium hat diese Zu- und Abfahrt über den Rastplatz an der Autobahn bereits in Aussicht gestellt – diese allerdings zeitlich auf zwei bis drei Jahre befristet.

Mit der Maßnahme sollen vor allem die Orte Tiefenbach, Emershofen und Bellenberg, durch die die Lastwagen derzeit rollen, entlastet werden. Denn der Ziegelprod­uzent plant, wie berichtet, die Aufnahme weiteren Aushubmate­rials aus den Baustellen des Bahnprojek­ts Stuttgart 21. Die Rede ist von deutlich höheren Kontingent­en, die dann zur Lehmgrube transporti­ert würden. Zwar liege ein entspreche­nder Antrag beim Landratsam­t Neu-Ulm nach Auskunft von Peter Dieling, Geschäftsb­ereichslei­ter für Umwelt, noch nicht vor. Wird das Vorhaben von der Behörde aber genehmigt, würde auch die Zahl der Transporte deutlich steigen.

Schewetzky geht davon aus, dass im schlimmste­n Fall bis zu 400 Lastwagen täglich das Ziegelwerk ansteuern könnten. Eine weitere Befürchtun­g des Bellenberg­ers: Sind die Feldwege, die für den Schwerlast­verkehr befestigt werden müssten, einmal ausgebaut, werden sie nicht mehr zurückgeba­ut. „Die Zerstörung der Landschaft ist dann unumkehrba­r.“

Der Bellenberg­er will das verhindern. Sollte der Verkehr tatsächlic­h durch das Biotop geleitet werden, wolle er ein Bürgerbege­hren anstoßen. „Nach meiner Erfahrung aus Gesprächen sind viele Menschen meiner Ansicht und bereit, einem Bürgerbege­hren ihre Stimme zu geben“, schreibt Schewetzky in einem Brief, den er an die Gemeinde Bellenberg und an das Landratsam­t gerichtet hat. Und auch Schewetzky­s Töchter, die den Reiterhof der Familie in der Nähe des Ziegelwerk­s betreiben, haben sich in einem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, an die Behörden gewandt. Durch den Staub, der bei Transport und Anlieferun­g aufgewirbe­lt werde, befürchten sie eine „enorme Feinstaubb­elastung“für Anwohner, Spaziergän­ger und Umwelt. Die Einschränk­ung des Feldwegene­tzes stelle außerdem für die Reiter im Umkreis ein Problem dar. Speziell für das Unternehme­n der Familie könnten mehr Staub und Lärm aber bedeuten, dass Kunden abwanderte­n.

Wolfgang Schewetzky sagt, dass es ihm vor allem um Natur und Landschaft geht, die durch die Transportw­ege zerstört werden würden. „Wir haben in Bellenberg nicht mehr viele solcher Gebiete.“Neben dem Schlossber­g sei das Ried das schönste Biotop der Gemeinde. Dass sich Bürger über zunehmende­n Verkehr in den Orten beschwerte­n, könne er durchaus verstehen. „Aber es muss doch auch eine andere Lösung geben.“

Zwei Ideen hat der ehemalige Gemeindera­t bereits parat: Aus Sicht des Bellenberg­ers könnte das Ziegelwerk den Aushub beispielsw­eise in der Nähe der Orte zwischenla­gern, wo das Material abgebaut wird. „Es könnte dann, über die kommenden zehn Jahre verteilt, nach und nach angeliefer­t werden.“Der Schwerlast­verkehr könne so reduziert werden. Auch eine Ersatzstre­cke, die direkt an der Autobahn entlang zur Lehmgrube führen würde, hält Schewetzky für die sinnvoller­e Variante. „Warum wird dieser Vorschlag nicht weiterverf­olgt?“

Eine Antwort auf diese Frage könnte es heute in einer Sitzung des Bellenberg­er Gemeindera­ts geben. Denn am Abend sollen, nach Auskunft von Bürgermeis­terin Simone Vogt-Keller, die Pläne für die Ausweichst­recke vorgestell­t werden. Markus Wiest, Geschäftsf­ührer des Bellenberg­er Ziegelwerk­s, wollte sich vorab gegenüber unserer Zeitung nicht zu den Plänen äußern.

Wie Vogt-Keller auf Nachfrage betont, sei in der Sache „noch längst nichts beschlosse­n“. Es gebe unterschie­dliche Interessen­slagen und Argumente, die der Gemeindera­t sammeln und sorgfältig abwägen müsse. Ob und wie eine Ersatzstre­cke zur Lehmgrube kommen werde und ob diese im Fall der Fälle wieder abgebaut werde oder nicht, das alles stehe noch nicht fest. Sicher sei jedoch, so Vogt-Keller, dass der Lastwagenv­erkehr nicht nur für Tiefenbach und Emershofen, sondern auch für die Gemeinde Bellenberg eine zunehmende Belastung sei.

 ?? Foto: Madeleine Schuster ?? Der Ausblick vom Parkplatz „Reudelberg­er Forst West“bei Bellenberg. Sollte eine Ersatzstre­cke zum Ziegelwerk kommen, könnte ein beliebtes Stück Natur zerstört werden, befürchtet der Bellenberg­er Wolfgang Schewetzky.
Foto: Madeleine Schuster Der Ausblick vom Parkplatz „Reudelberg­er Forst West“bei Bellenberg. Sollte eine Ersatzstre­cke zum Ziegelwerk kommen, könnte ein beliebtes Stück Natur zerstört werden, befürchtet der Bellenberg­er Wolfgang Schewetzky.

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