Im Allgäu wird jetzt umweltfreundlich gebechert
Mehrweg-Trinkgefäße sollen den Müll reduzieren. Die Region will dabei eine Vorreiter-Rolle übernehmen
Kaufen, trinken, wegwerfen – diese Abfolge gehört zu den Coffee-to-go-Bechern aus Pappe, die mittlerweile in aller Hände sind. Viele nehmen darum einen eigenen Mehrwegbecher mit, den sie außer Haus befüllen lassen. Dies ist aus Hygienegründen allerdings nicht überall möglich. Nun haben Kaffeeliebhaber, die ihren Cappuccino gerne unterwegs trinken, eine weitere Alternative: Sie zahlen in manchen Bäckereien oder Cafés einen Euro Pfand und bekommen dafür einen recycelbaren Becher – Allgäu-Becher genannt. Diesen können sie nach dem Trinken wieder abgeben.
Jedes Jahr werden im Unterallgäu rund fünf Millionen Einwegbecher für Kaffee zum Mitnehmen verwendet, wie das Landratsamt mitteilt. Die Becher sind durchschnittlich 15 Minuten lang im Gebrauch und landen dann im Müll. So entstehen jährlich 60 Tonnen Abfall. Das soll sich ändern.
Einige Unterallgäuer Bäckereien und Cafés bieten ab sofort einen Mehrwegbecher für den „Coffee to go“an. Der offizielle Startschuss für das Pfandsystem fiel in dieser Woche in Mindelheim. Auch in anderen Teilen des Allgäus ist das Projekt angelaufen, etwa in Kempten.
Für das Allgäu wurde eine eigene Becher-Variante entworfen. Darauf sind regionale Wahrzeichen abgebildet – zum Beispiel das Schloss Neuschwanstein, die Basilika in Ottobeuren, der Lindauer Leuchtturm und der Kaufbeurer Fünfknopfturm.
Das Allgäu habe damit eine Vorreiter-Rolle: „Das ist die erste Region, die wir flächendeckend angehen“, sagt Alexandra Gerstmeier von der Firma Recup. Das Rosenheimer Unternehmen hat den Mehrweg-Becher zum Mitnehmen 2016 entwickelt.
Es sei zwar am schönsten, Kaffee aus Tassen zu genießen, aber das passe nicht immer zu den modernen Lebensgewohnheiten, sagt Landrat Hans-Joachim Weirather. Deshalb freue er sich über die überregionale Einführung des neuen Systems: „Jeder umweltpolitisch denkende Bürger hat damit die Möglichkeit, die praktische Seite mit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit zu verbinden.“
Jede vierte Tasse Kaffee werde inzwischen außer Haus getrunken – ein Drittel davon aus Einwegbechern, informiert Edgar Putz, Leiter der kommunalen Abfallwirtschaft des Landkreises. „Mit dem Einwegbecher tut man der Umwelt aber nichts Gutes.“Deshalb habe die Abfallwirtschaft das Mehrwegsystem im Unterallgäu auch mit auf den Weg gebracht.
Für die Herstellung der 4,75 Millionen Becher, die jedes Jahr im Landkreis genutzt werden, sind Putz zufolge, rund fünf Tonnen Rohöl, 109 Tonnen Holz, 543000 Kilowattstunden Strom und 2,5 Millionen Liter Wasser nötig. Nach dem Gebrauch landen die Becher meist im Restmüll. Nur ein Bruchteil werde mit dem Altpapier entsorgt und könne recycelt werden.
Deutschlandweit gibt es laut der Firma Recup rund 500 Betriebe, die ihren Mehrwegbecher ausgeben und zurücknehmen. Der Becher kann bis zu 500 Mal verwendet werden und ist vollständig recycelbar. Ein Schwachpunkt: Es gibt keine Mehrweg-Deckel. „Die sind noch in der Testphase, kommen aber demnächst“, sagt Gerstmeier.
Im Unterallgäu machen bislang sechs Betriebe bei dem System mit, sie befinden sich in der Stadt Memmingen. In Babenhausen gibt es bislang keinen Anbieter, wie Silvia Rustler, Pressesprecherin des Landratsamts auf Anfrage sagt. Zurückgeben kann man die Becher nur bei beteiligten Betrieben. Diese müssen den Behälter spülen – und können ihn dann dem nächsten Kunden überreichen.
Jede vierte Tasse Kaffee wird außer Haus getrunken Das Pfandsystem