Das Rätsel am Klavier
Elton John ist nicht der Fitteste, darum will er sich fortan vorwiegend seiner Familie widmen. Aber erst steht noch eine riesige Abschiedstour an. Ob das dann der Schlussakkord ist?
Der Mann sitzt sich, seit er 16 ist, seinen Hintern nicht gern hinten im Bus oder im Flugzeug platt. Das muss man mögen. Andererseits spülen Tourneen viel Geld in die Kasse, jedenfalls wenn man Elton John heißt. Deshalb kann der Mann, der im März 71 wird, andere Prioritäten setzen, zumal er in seinem Leben, wie in verschiedenen Quellen zu lesen ist, etwa 450 Millionen Schallplatten verkauft hat. Dass einstige Pop-Chamäleon mit den verrückten Outfits will sich künftig in erster Linie um Ehemann und die zwei Söhne kümmern.
Die Musik-Journaille hatte so etwas geahnt, als der Brite auf seiner Homepage einen unvollständigen Satz veröffentlichte, den die Experten mühelos dem Song „Goodbye Yellow Brick Road“zuordneten: „Ich habe mich schließlich dazu entschlossen, meine Zukunft …“Ende. Im Originaltext heißt es, dass „meine Zukunft jenseits der gelben Zie- liegt“. Nun schossen die Spekulationen ins Kraut: Soll das heißen, dass die Anspielung auf das Judy-Garland-Filmmusical „Der Zauberer von Oz“den Abschied von Gold und Karriere bedeutet? Was steckt wirklich dahinter?
In New York löst Sir Elton – 1998 von der Queen zum Ritter geschlagen – dann das Rätsel auf: „Ich werde nicht mehr auf Tour gehen, abgesehen von einer letzten Tour.“Aha. Die Daten dieser als Event geplanten Tournee stehen schon fest (in der Münchner Olympiahalle gastiert er am 26. Mai 2019). Von 300 Konzerten ist die Rede, dabei will John mit seinen Musikern drei Mal den Erdball umrunden. Musik möchte er weiterhin schreiben.
Nach drei Jahren sollen Ehemann David Furnish und die beiden in Zusammenarbeit mit derselben Leihmutter entstandenen Söhne dann endgültig die Hauptrolle spielen. Lobenswert. Auf der musikalischen Weltreise sind die Buben und Ehemann neun Monate lang dabei – in Begleitung eines Privatlehrers. Dass der lange Zeit auch dank seines Texters Bernie Taupin vom Erfolg verwöhnte Musiker seinen Abschied jetzt schon bekannt gibt, überrascht. Liegt es daran, dass der Mann am Klavier nicht mehr wie in den 70er Jahren gewaltige Stadien füllt und darum geschicktes Marketing betreibt? Die Fans wiederum hoffen, dass der Paradiesvogel mit den Glitzerklamotten und überdimensionierten Sonnenbrillen die Strapazen durchsteht.
Was hat Elton John nicht alles erlebt: Mitte der 80er Jahre hatte Drogenmissbrauch seine Stimme so beschädigt, dass er sich einer Kehlkopfoperation unterziehen musste. Jahre später folgte eine Entziehungskur. Mühsam fand er über Jahre hinweg am Mikro doch wieder in die Spur. Im vergangenen Jahr hatte er mit einer gefährlichen bakteriellen Infektion zu kämpfen.
Manchmal wundert man sich, was Rockmusiker durchstehen. Rolling-Stones-Gitarrist Keith Rigelsteinstraße chards, 77, hatte reichlich Drogenprobleme, spielt seine E-Gitarre auf der Bühne aber so versiert wie eh und je. Besonders tragisch ist es, wenn Musiker von der Alzheimerkrankheit befallen werden. Wie berichtet, verzichtet deshalb der 77-jährige Singer-Songwriter Neil Diamond auf Live-Auftritte.
Wer mit Elton John und dessen mitunter durchwachsenen 40 Alben seit 1970 aufgewachsen ist, konnte herrlich streiten mit der RockFraktion: Boogie und Balladen, eingebettet in raffinierte Klavierarrangements sind seine Stärke. „Crocodile Rock“natürlich; das erst Marilyn Monroe, dann Prinzessin Diana gewidmete „Candle In The Wind“; „Nikita“oder „Sacrifice“.
Elton John hat in den Namen seiner beiden Kinder übrigens zwei eigene Song-Titel versteckt: „Levon“findet sich wieder bei Zachary Jackson Levon Furnish-John, 7, „Daniel“bereichert Elijah Joseph Daniel Furnish-John, 5. Immerhin dieses Rätsel wäre gelöst.