Illertisser Genossen sagen: „No GroKo“
Heute versammelt sich die SPD in der Vöhlinstadt. Es geht auch um die Koalitionsverhandlungen, die man betont kritisch sieht. Doch der Kreisvorsitzende hält dagegen
Wenn sich die Mitglieder der Illertisser SPD heute Abend im Bräuhaus versammeln, dürften die Koalitionsverhandlungen in Berlin und die sich möglicherweise anbahnende Große Koalition (GroKo) im Zentrum stehen: Denn Ortsvereinsvorsitzender Kasim Kocakaplan ist erklärter Gegner einer erneuten Regierung aus SPD und Unionsparteien – und er weiß die Genossen der Vöhlinstadt in dieser Sache ideologisch hinter sich. Ihre Bedenken hatten die Illertisser kürzlich, wie berichtet, in einem Brief an den Parteivorsitzenden Martin Schulz kundgetan.
„An meiner Meinung dazu hat sich nichts geändert“, sagt Kocakaplan. Das wolle er in seiner heutigen Rede deutlich machen. Auch die derzeit laufende Aktion der Jungsozialisten (Jusos) gegen die GroKo, die unter dem Titel „Tritt ein, sag’ Nein“um Parteimitglieder werben, findet der SPD-Ortschef gut. Das birgt einiges Konfliktpotenzial: Denn im Kreisverband gibt es gänzlich andere Haltungen.
Wer nur eintritt, um möglicherweise über die Koalition mit abzustimmen, aber nicht hinter den Werten der Sozialdemokratie steht, ist nicht willkommen, macht Bundestagsabgeordneter Karl-Heinz Brunner aus Illertissen deutlich. Er ist am Freitagabend als Redner ins Bräuhaus eingeladen. Deshalb werden dort wohl nicht nur AntiGroKo-Töne zu hören sein. Denn Brunner vertritt dazu eine andere Auffassung. Sie lautet: „Erst einmal abwarten, was die Verhandlungen ergeben.“
Wie sich die Genossen vor Ort in der Sache arrangieren, wird mit Spannung erwartet: Immerhin steht ihnen gewissermaßen „im Kleinen“die Debatte bevor, die in der Partei auf Bundesebene geführt wird. Und die Juso-Aktion dürfte dabei genauso eine Rolle spielen. Bundesweit waren in der SPD in den vergangenen Tagen steigende Mitgliederzahlen verzeichnet worden. Das ist das Ziel der Jusos, die sich gegen die Koalition aussprechen und bei einem Entscheid darüber in der SPD eine Ablehnung erreichen wollen.
Auch im Neu-Ulmer Kreisverband wurden zuletzt mehrere Eintritte registriert, sagt Vorsitzender Brunner. Ob das auf die Jungsozialisten zurückzuführen ist, sei allerdings fraglich. Grundsätzlich gehe man bei Eintrittsgesuchen satzungsgemäß vor: Anträge würden den jeweiligen Ortsvereinen vorgelegt. Brunner: „Wer eintritt, sollte nicht nur ,Ja’ oder ,Nein’ sagen wollen, sondern sich zu den Zielen der Sozialdemokratie bekennen.“Die Partei sei kein Fitnessklub, in den man nach Gutdünken ein- und austrete, so der Bundestagsabgeordnete. Wenn jemand kurzfristig wegen der Entscheidung mitmachen wolle, müsse er sich überlegen, ob er der Partei damit nicht schade. Die SPD brauche zwar neue Mitglieder, sagt Brunner. Aber solche, welche die Vorstellungen der Partei langfristig „nach vorne tragen“.
Auch Kocakaplan fände es „schade“, wenn sich angeworbene Mitglieder schnell wieder verabschieden. Allerdings glaubt er, dass die etablierten Genossen versuchen müssten, die Neulinge zu überzeugen. Gelinge das nicht, habe man „halt Pech gehabt“. In Illertissen mache sich die Juso-Aktion nicht bemerkbar: Die Mitgliederzahl des Ortsvereins liegt seit Längerem konstant bei 51. Kocakaplan sieht die GroKo-Debatte in der Partei positiv. „Auch andere Meinungen müssen gehört werden.“Der Ortsverein sei kritisch eingestellt. Man sehe aber, dass sich die Bundespolitik in einer schwierigen Lage befinde. Mit einem grundsätzlichen Nein zur GroKo will sich Brunner nicht abfinden: Beim Sonderparteitag habe man beschlossen, mit den Unionsparteien zu verhandeln. Erst wenn Ergebnisse vorliegen, sollte die SPD entscheiden, ob sie die Koalition will, sagt Brunner. Dafür will er werben. Auch heute in Illertissen.