Sie bringt Farbe in die Biker Welt
Die 30-jährige Viktoria Maria Greiner macht in ihrem Atelier aus Motorradteilen Kunstobjekte. Auf diese Idee kam sie eher zufällig
Ja, einen Motorradführerschein hat Viktoria Maria Greiner. Inzwischen. Es wäre ja auch schade, wenn sie nicht in den Genuss ihrer Arbeit kommen würde. Die 30-Jährige macht in ihrem Weißenhorner Atelier Kunst für Motorradfans – aus Motorradteilen und -zubehör. Die sieht freilich anders aus, als sich der typische Biker vorstellt. Da geht ein Farbverlauf von Pink zu Türkis über den Tank oder ein Helm ist mit aufgemalten Federn geschmückt.
Greiner, die aus Pfaffenhofen stammt und inzwischen in München wohnt, ist auch keine Rockerbraut. Keine Tattoos, keine Ledermontur. Und auch ihr Lebenslauf klingt nicht nach „born to be wild“. Nach der Schule absolvierte sie zunächst ein Bachelorstudium zum Design-Ingenieur Textil in Mönchengladbach. Danach machte sie ihren Master in Textildesign in Reutlingen. Dort lernte sie, Muster für Textilien zu entwerfen, beispielsweise für Kissen oder Sitzbezüge. Dass man dafür auch malen und zeichnen können muss, ist klar.
Zu den Motorradteilen kam sie über Freunde, die zunächst auch keine Biker waren, sondern Skateboarder. 2016 fragten diese die Pfaffenhoferin, ob sie Schutzhelme bemalen könnte. Über die Freunde wiederum machte sie die Bekanntschaft mit der Motorrad-Selbsthilfe-Werkstatt „Loose Screw“in Dachau. Und lernte dort Motorradfans
Die Kunden kommen zu ihr – und lassen ihr freie Hand
kennen, die keinen Wert darauf legen, wie Südstaatenrocker auszusehen, sondern ihre Maschinen individuell gestaltet haben wollen oder ein besonderes Deko-Objekt mit Bezug zu ihrer Leidenschaft suchen. Plötzlich war Greiner im Geschäft.
„Vaim“– in dem Wort stecken Buchstaben aus Viktoria Maria – heißt das Label, unter dem die 30-Jährige ihre Unikate fertigt, mit Airbrush-Technik und Pinsel. Ihr Hauptquartier ist ein kleines Häuschen, das zuvor lange leer stand. „Mein Onkel hat es mir zur Verfügung gestellt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“Im Erdgeschoss hat sie sich eingerichtet. Mit Werkbank, Sitzgruppe, Stereoanlage, Ofen für den Winter. Normalerweise arbeitet Greiner dort aber in den Sommermonaten. Schon der empfindlichen Farben wegen.
Fertige Produkte herumliegen hat sie dort nicht, normalerweise bringen ihr die Kunden die zu bemalenden Teile, manchmal auch mit Motivoder Farbwünschen. Doch Greiner ist es wichtig, frei arbeiten zu können – sie versteht sich eher als Künstlerin denn als Design-Dienstleisterin. Einmal, so berichtet sie, habe sie ein Kunde gefragt, ob sie etwas mit einem Totenkopf und Rauch machen könnte. Klassische Rocker-Ästhetik. Es kam kein Geschäft zustande. Der Preis für einen echten Greiner richtet sich nach dem Zeit- und Materialaufwand. Der erwähnte Federhelm, an dem die Künstlerin 14 Tage lang arbeitete, kostete rund 1900 Euro. Einfachere Stücke gibt es schon ab 500 Euro. Sie müsse auch wirtschaftlich denken. „Vaim“ist aber nicht Greiners einzige Einkommensquelle. Zusätzlich gibt sie Schulungen im Bereich Funktionstextilien. „Die berufnur liche Mischung, die ich jetzt habe, füllt mich aus“, sagt sie.
Das bislang spektakulärste Werk der Gestalterin wartet derzeit in der „Loose Screw“-Werkstatt auf die Jungfernfahrt: eine Yamaha, garantiert ohne Totenköpfe, Adler oder Flammen. Es ist Greiners eigenes Motorrad. Jetzt muss die Maschine nur noch TÜV-tauglich gemacht werden.