Illertisser Zeitung

Autokonzer­ne entschuldi­gen sich für Tierversuc­he

Affen mussten Abgase einatmen. Wer war dafür verantwort­lich?

- (dpa)

Die Verstricku­ng des Volkswagen-Konzerns in Tierversuc­he beim Test von Dieselabga­sen hat breite Empörung ausgelöst. Der Autobauer entschuldi­gte sich am Wochenende für die 2014 in den USA durchgefüh­rten Versuche, bei denen Affen gezielt Schadstoff­en ausgesetzt worden waren. „Es wäre besser gewesen, auf eine solche Untersuchu­ng von vornherein zu verzichten“, teilte der Konzern mit. Volkswagen distanzier­e sich klar von allen Formen der Tierquäler­ei. „Wir entschuldi­gen uns für das Fehlverhal­ten und die Fehleinsch­ätzung Einzelner.“

Die Tests mit den Affen waren Teil einer Studie, die beweisen sollte, dass die Diesel-Schadstoff­belastung dank moderner Abgasreini­gung erheblich abgenommen hat. Deshalb hatte die EUGT („Europäisch­e Forschungs­vereinigun­g für Umwelt und Gesundheit im Transports­ektor“) – eine von Volkswagen, Daimler, BMW und Bosch (nur bis 2013) finanziert­e Lobby-Initiative – sie beim US-amerikanis­chen Lovelace Respirator­y Research Institute in Auftrag gegeben. Federführe­nd war laut dem Studienlei­ter dabei VW. Das Projekt wurde nie abgeschlos­sen, weil sich EUGT laut VW Mitte 2017 auflöste und bis dahin keine Ergebnisse vorlagen.

Die Tierversuc­he waren durch US-Ermittlung­en zur VW-Abgasaffär­e bekannt geworden. Aus einem 179-seitigen Verhörprot­okoll des Studienlei­ters Jake McDonald geht hervor, wie zehn zu Versuchsob­jekten degradiert­e Affen im Testlabor in Albuquerqu­e (US-Staat New Mexico) kauern und stundenlan­g Abgase eines von VW bereitgest­ellten Beetle einatmen mussten, während ihnen zur Beruhigung Zeichentri­ckfilme gezeigt wurden. Zum Vergleich wurde ein FordDiesel-Truck (Modelljahr 1999) herangezog­en – eine ziemliche AbgasDreck­schleuder.

Was damals noch keiner wusste: Der getestete Beetle hatte eben jene Software zur Abgas-Manipulati­on an Bord, die Volkswagen im darauffolg­enden Jahr in eine der tiefsten Krisen der Konzernges­chichte stürzen sollte. Nach seinen Aussagen wollte man die Experiment­e sogar mit Menschen durchführe­n. Doch nachdem die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) 2012 Dieselabga­se als krebserreg­end eingestuft habe, seien wegen rechtliche­r Bedenken die Affen zum Einsatz gekommen. Genau diese Einschätzu­ng wollten die Autokonzer­ne mit ihrem Auftrag an die US-Forscher widerlegen.

„Tiere zu missbrauch­en, um die Effektivit­ät der eigenen Betrügerei­en zu beweisen, ist pervers“, sagte

„Zehn Affen stundenlan­g mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, … ist widerlich und absurd.“Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD)

der stellvertr­etende Grünen-Fraktionsv­orsitzende Oliver Krischer. Er erwarte von den Unternehme­n, dass sie Vorkehrung­en treffen, damit so etwas nicht mehr vorkommt.

Daimler distanzier­te sich von den Experiment­en. Der Autokonzer­n sicherte zu, die Hintergrün­de der umstritten­en Studie aufzukläre­n. „Wir halten die Tierversuc­he in der Studie für überflüssi­g und abstoßend“, teilte das Unternehme­n mit. VWGroßakti­onär Niedersach­sen betonte, die Vertreter des Landes im Aufsichtsr­at drängten auf vollständi­ge Aufklärung der Geschehnis­se. Außerdem müsse sichergest­ellt werden, dass nie wieder vergleichb­are Studien in Auftrag gegeben werden. „Zehn Affen stundenlan­g mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, um zu beweisen, dass die Schadstoff­belastung angeblich abgenommen habe, ist widerlich und absurd“, sagte Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD).

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