Vom morschen Stamm zum Sammlerstück
Markus Holl ist Gastwirt in Vöhringen. Doch seine eigentliche Leidenschaft gilt der Natur – und der Kunst. Denn mithilfe seiner motorisierten Werkzeuge fertigt er kleine und große Skulpturen aus Baumresten an
„Ja, ich weiß, ich bin ein Spinner“, sagt Markus Holl freimütig über sich selbst. Aber er ist alles andere als das. Er hat eine Lebensphilosophie entwickelt, um die man ihn fast beneiden kann. „Für andere etwas zu tun, damit sie Freude haben, ist für mich alles.“Geld müsse man zwar haben, um leben zu können. Aber immer dem Mehr nachzujagen, danach stehe Holl nicht der Sinn. Er schätzt sich glücklich, wenn er das tun kann, was für ihn zur Leidenschaft geworden ist: „Mit der Kettensäge zu arbeiten und Skulpturen zu formen. Und wenn die jemand schön findet, ist das für mich ein unwahrscheinliches Glücksgefühl.“
Markus Holl führt seit einigen Monaten das Gasthaus Zum Griaswirt. Er ist gelernter Metzger aber er kocht auch gerne – denn er weiß, was in einem schwäbischen Wirtshaus auf den Tisch kommen sollte. Und dann ist da noch seine Kunst: Skulpturen aus gewachsenem Holz zu formen, sei für ihn zu einer Leidenschaft geworden, von Hobby mag Holl nicht sprechen. „Ich gehe in den Wald, sehe alte verknöcherte und verwachsene Bäume und schon entsteht in mir ein Bild im Kopf, was ich daraus machen kann oder auch nicht.“In jedem Fall nehme er das Holzteil mit, die Inspiration werde schon kommen.
Betrachter seiner Werke können bei genauem Hinsehen eine künstlerische Entwicklung erkennen: Vom großen in einen Stamm gesägten Ge- sicht, über einen Totempfahl als Hinweis auf das Gasthaus bis hin zu abstrakten Lampengestellen oder einer großen Skulptur, von der Holl sagt, „da ist die Natur der Künstler.“Aus einem 100-jährigen morschen Stamm eines Apfelbaumes ein Stück zu formen, damit die Natur sichtbar wird, ohne etwas zu verfälschen, verlangt nach Können und einem Blick für das Mögliche. Warum er sich mit altem Holz beschäftigt, erklärt er so: „Der Baum hat dem Menschen Dienste geleistet, da kann man ihn doch nicht einfach verfeuern, er soll in anderer Form weiterleben.“
Schnitzen mit der Kettensäge – wie kommt man dazu? „Das war ein Erlebnis in Österreich“, sagt Holl. In seinem Urlaubsort fand ein Symposium statt, bei dem die Kunst des Kettenschnitzens – unter Fachleuten englisch „wood carving“genannt – im Mittelpunkt stand. Zunächst schaute Holl nur zu. Dann faszinierten ihn diese Arbeiten, er ging nach seiner Heimkehr am nächsten Tag in den Wald und schaute sich nach Rohmaterial um. „Der erste Versuch ist kläglich gescheitert, aber das spornte mich noch mehr an. Misserfolg macht einen doch stärker, oder?“
Heute ist er vom Kettensägen so angetan, „dass ich grätig werde, wenn ich nicht in meine Werkstatt komme.“Dort kann er seiner Kreativität freien Lauf lassen. „Ich sehe im Wald ein Stück Holz, unförmig, klobig, aber ich nehme es mit.“Dann gehe er zwei Wochen an ihm vorbei und habe plötzlich im Kopf, was er daraus machen werde. Die Holzstruktur ist vorgegeben und die ist für ihn das Maß seiner künstlerischen Tätigkeit. Nichts will er verfremden, sondern nur zu einem Solitär aus Holz formen. Eine besonders schöne Stele weist verschiedene Farben auf. „Der Baum war von Pilzen befallen. Das führt zu einer Verrottung und verändert die Farbe“, sagt der Kettensägenkünstler. Er müsse sich einlassen auf die Natur, die das Wesentliche vorgegeben hat. Mittlerweile traut sich Holl auch kleinere Figuren zu. Ein etwa 45 Zentimeter großer weiblicher Akt mit einer schönen Holzmaserung ist mithilfe einer kleinen Kettensäge entstanden. „Eigentlich“, so Holl, „bin ich ein Egoist, weil ich – wann immer ich will – mich dieser Leidenschaft widme.“Nur kann er das nicht immer, weil er als Gastwirt andere Aufgaben hat.
Aber er sagt auch, er sei nicht auf der Welt, um im Mainstream zu schwimmen. „Ich möchte gerne etwas hinterlassen. Das ist die Basis meines Tuns. Und trotz vieler Arbeit im Geschäft, etwas zu machen, was anderen Freude bereitet, ist keine Last.“
Holl plant nun sogar ein SchnitzEvent für Kettensäger. Eines weiß er schon jetzt: Es soll einem guten Zweck dienen.