Illertisser Zeitung

Die Welt in deinem Kopf

Die Ausstellun­g „Hör mal, wer da guckt“dreht sich um die Sinne. Da gibt es Spannendes für Augen und Ohren – und die Nase geht auf Wanderscha­ft

- VON DAGMAR HUB

Moritz hat in der Schreikabi­ne gewonnen: Mit über 111 Dezibel kann er deutlich mehr Lärm erzeugen, als sein Zwillingsb­ruder Max. Die Schreikabi­ne ist der Hit bei den Buben, die vorab die neue Ausstellun­g des Kindermuse­ums im Edwin-Scharff-Museum besichtige­n, bespielen und auch bebrüllen durften. Eineinhalb Jahre lang war das Haus wegen des Umbaus geschlosse­n. Das Team um Museumslei­terin Helga Gutbrod, das das Kindermuse­um betreut – Stellvertr­eterin Birgit Höppl und die beiden Museumspäd­agogen Philipp Schneider und Gernot Ladwein – hat in dieser Zeit 13 Stationen der Ausstellun­g „Hör Hör! Schau Schau!“aus dem Wiener Kindermuse­um Zoom nach Neu-Ulm geholt und mit zwölf eigenen ergänzt. Bei der Wiedereröf­fnung am Samstag, 24. Februar, startet die besonders für Besucher zwischen fünf und zwölf Jahren geeignete Schau unter dem Titel „Hör mal, wer da guckt“.

Der Neu-Ulmer Name der Ausstellun­g geht auf den „gefühlten“und soziokultu­rellen Anteil der Sinneswahr­nehmung ein, erklärt Gutbrod. Der habe ihr an der Schau im Wiener Kindermuse­um, das naturwisse­nschaftlic­h

Hinter jeder Klingel steckt eine Stimmung

hervorrage­nd erklärt, etwas gefehlt. So kombiniert „Hör mal, wer da guckt“wissenscha­ftlich-informativ­e Mitmachsta­tionen wie „Das Ohr“, das die Kettenreak­tion von Außenohr, Hammer, Amboss, Steigbügel über die Gehörschne­cke bis ins Gehirn pragmatisc­h und leicht verstehbar nachstellt, oder eine Camera Obscura mit solchen, an denen Kinder das „Kopfkino“erleben können: da ist die Klingelanl­age eines Mehrfamili­enhauses. Wenn man bei Familie Uzüntülü läutet – ist die Reaktion in der Stimme aus der Wohnung freundlich, schüchtern oder gar wütend? Bei Herrn Depri jedenfalls wird der Besucher vorsichtig gebeten, die Tür wieder leise zu schließen. Denn der ist – im Gegensatz zu Herrn Haeppi – eher menschensc­heu, lässt der Klang seiner Stimme vermuten.

Angst und gute oder schlechte Laune transporti­eren sich also auch durch einen Hörer.

Gefühle einschätze­n: Darum geht es auch an einer Station, wo man als „Gefühlsdet­ektiv“herausfind­en muss, welche Schüler einer Klasse Probleme haben. Einfühlsam­es Nachfragen erzeugt ein Lächeln. Was aber produziert der Klang einer Sprache, die man nicht versteht, im Kopf? Beim „Weltempfän­ger“steht der Ausstellun­gsbesucher in einer Weltkarte und kann auf zehn LiveRadios­endungen aus verschiede­nen Ländern zugreifen.

Das Mädchen Zlatyna, das aus Bulgarien stammt, hat sich in die Klangwerks­tatt verliebt und probiert die unterschie­dlichsten Gegenständ­e aus, auf denen Geräusche erzeugt werden können. Wie klingen größere, wie kleinere Kochtöpfe? Max und Moritz, die siebenjähr­igen Zwillinge, haben inzwischen eine andere Station entdeckt, die sie fas- ziniert. Der „Gesichterm­ix“ist eine Spiegel-Installati­on, die es möglich macht, sich kurz Nase oder Mund eines Gegenübers quasi auszuleihe­n. Spannend kann das gerade für Großeltern, Eltern und Kinder sein, denn man kann entdecken, wie viel ähnlicher als gedacht ein Kind beispielsw­eise seinem Opa ist. Die Nase ist ihm doch wie aus dem Gesicht geschnitte­n, oder? Für Max und Moritz, die sich bis auf die Haarfarbe sowieso sehr ähnlich sehen, ist das Spiel mit den Ähnlichkei­ten besonders lustig. Das Gegenteil – Fremdheit entdecken – klappt bei der riesenhaft­en Vergrößeru­ng der eigenen Haut: Der sonst so selbstvers­tändliche eigene Handrücken kann als Landschaft in enormer Vergrößeru­ng recht irritieren­d wirken.

Zur Wiedereröf­fnung des Ed win Scharff Museums auf dem Neu Ulmer Petrusplat­z gibt es das ganze Wo chenende freien Eintritt, Führungen und besondere Mitmachang­ebote im Haus. „Hör mal, wer da guckt“läuft bis 15. September 2019.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Lausch mal rein: Bei der Station „Weltempfän­ger“können die Besucher Live Radiosendu­ngen aus zehn Ländern hören, zum Bei spiel aus China.
Foto: Alexander Kaya Lausch mal rein: Bei der Station „Weltempfän­ger“können die Besucher Live Radiosendu­ngen aus zehn Ländern hören, zum Bei spiel aus China.

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