Illertisser Zeitung

Wie die Stadt Illertisse­n ihr Ökokonto füllt

Der Bestand an Ausgleichs­flächen soll künftig von Experten überwacht werden. Dabei gilt: Horten alleine reicht nicht aus

- VON JENS CARSTEN

Man legt ein Konto an, baut ein Guthaben auf und bekommt am Ende sogar Zinsen: Was die Stadt Illertisse­n an naturnahen Flächen zur Verfügung hat, wird demnächst so ähnlich behandelt, wie ein Guthaben bei einer Bank. Darum ging es nun in einer Sitzung des Bau- und Umweltauss­chusses. Im Hintergrun­d stehen Bemühungen um den Umweltschu­tz. Grob gesagt, funktionie­rt das so: Entstehen neue Wohngebiet­e oder Straßen, werden andernorts im Gegenzug naturbelas­sene Flächen als Ausgleich reserviert. Das ist gesetzlich geregelt und wird in Illertisse­n auch so gehandhabt: „Wir haben konsequent Vorkaufsre­chte genutzt und stehen hier ganz gut da“, sagte Gerhard Steinle, der Leiter des Sachgebiet­s Bauordnung im Rathaus, in der Sitzung. Doch was tun mit diesem „grünen Guthaben“? Um diese Frage wird sich künftig ein Büro für Umwelt- und Landschaft­splanung kümmern: Dessen Mitarbeite­r werden künftig das Ökokonto der Stadt Illertisse­n pflegen – gewisserma­ßen als Anlagebera­ter.

Spare in der Zeit, dann hast du in der Not: Dieses Sprichwort gilt sinngemäß auch bei Ausgleichs­flächen. Je mehr naturnahe Areale eine Kommune vorhält, desto interessan­ter sei es, detaillier­t über deren Verwendung nachzudenk­en, sagte Manfred Rauh, einer der Geschäftsf­ührer des Büros, in der Sitzung. Es gehe nicht allein darum, die Flächen zu erfassen. „Nur horten alleine bringt nichts.“Die Gebiete müssten auch gepflegt und gegebenenf­alls aufgewerte­t werden. Stichworte waren hier Lerchenfen­ster, Blühstreif­en und Eidechsenh­abitate. Werde etwa ein Acker zu einem wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere umstruktur­iert, könnten dafür (über ein komplizier­tes Berechnung­ssystem) Punkte gutgeschri­eben werden, hieß es. Ein mögliches Fazit dieser Verzinsung: Eine Ausgleichs­fläche könne bei den zuständige­n Behörden so gewertet werden, als sei sie tatsächlic­h viel größer. Ihr ökologisch­es Sparguthab­en könne die Stadt dann abrufen, wenn sie wegen anstehende­r Baumaßnahm­en auf neue Reservate ausweisen müsse. „Die Ausgleichs­wirkung wächst“, erläuterte Rauh und nannte einen Zinssatz von drei Prozent. Freilich ein ideeller Ansatz, denn das Gebiet als solches wachse ja nicht. Zumindest nicht in die Fläche.

In der Vöhlinstad­t gebe es einiges zu tun, um Guthaben auf dem Ökokonto anzusparen: Neue Ausgleichs­flächen seien aktuell gar nicht mal so gefragt, hieß es. Denn 5,2 Hektar stünden zur Verfügung, die unter anderem durch Gewässerba­u oder Gehölzmaßn­ahmen aufgewerte­t

Bauhof soll Arbeiten übernehmen

werden könnten. Hierzu will Rauh eine Strategie erstellen: Dann wüssten die für die Arbeiten zuständige­n Mitarbeite­r des Bauhofs, was zu welcher Zeit ansteht. Das Büro soll den Bestand an Arealen erfassen und stets aktualisie­ren.

Das Ganze sei „ein Riesenthem­a“in ganz Bayern, sagte Bürgermeis­ter Jürgen Eisen (CSU). Geht es nach ihm, sollte es ein Ziel sein, die Sammlung aller Illertisse­r Flächen und Maßnahmen öffentlich auf einer Internetse­ite einsehbar zu machen. Dritter Bürgermeis­ter Wolfgang Ostermann (SPD) plädierte dafür, tätig zu werden: Bisher habe die Stadt den Weg zwar „guten Herzens“beschritte­n, aber wenig profession­ell. Und Rat Wilhelm Fischer (CSU) fand, es sei „toll“, dass man angesichts der schnell um sich greifenden Versiegelu­ng von Flächen in Bayern hier Flagge zeige. Dabei kam die Frage auf, inwiefern Privatleut­e dazu gebracht werden könnten, ihre Flächen in einem Ökokonto anlegen zu lassen. Das müsse in der Hand der Stadt liegen, hieß es dazu. Ansonsten entstünden auf naturbelas­senen Arealen wohl schnell Holzlager, Hütten oder Planschbec­ken, wie Eisen anmerkte. Dafür seien Ausgleiche allerdings nicht vorgesehen: Es gehe viel mehr um hochwertig­en und effektiven Naturschut­z. Wobei ein solcher mithilfe eines Punktesyst­ems wohl nur schwerlich gemessen werden könne, wie Experte Rauh sagte.

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