Illertisser Zeitung

In der Dunkelheit an der Donau entlang

Deutsche und Afrikaner trainieren gemeinsam bei schlechtem Wetter auf holprigen Strecken

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Aimen Haboubi, der bayrische Schwabe mit tunesische­n Wurzeln, humpelt leicht. „Was ist los?“, fragt ihn sein Trainer Wieland Pokorny. „Ich bin umgeknickt“, antwortet der 33-jährige IT-Spezialist aus der Laufgruppe des SSV Ulm 1846, die sich auf die Mittel- und Langstreck­en spezialisi­ert hat. Pokorny ist entsetzt: „Wenn einer aus dem Team ausfällt, brauchen wir bei der deutschen Meistersch­aft gar nicht anzutreten.“Er spricht von der deutschen Crossmeist­erschaft am 10. März im thüringisc­hen Ordruf.

Haboubis Knöchel ist leicht geschwolle­n, aber es ist dann doch nicht weiter schlimm. Sein Teamkolleg­e Korbinian Völkl ist Arzt und behandelt ihn gleich vor Ort. Die Sorgenfalt­en in Pokornys Gesicht glätten sich. Trotz des kleinen Unglücks und der Kälte ist die Stimmung bei den Männern gut. Sie sind schließlic­h keine Schönwette­r-Läufer, im Winter sind sie als Crosser schlechte Witterung und etwas holprige Strecken wie die an der Donau gewohnt. Und übereinsti­mmend meinen die Topläufer der Ulmer Gruppe, zu der auch der Weißenhorn­er Fabian Konrad gehört: „Ein schweres Geläuf in Thüringen wäre für uns ein Vorteil.“Vor allem dem leichtfüßi­gen und wendigen Aimen Haboubi, der früher Fußball spielte, kämen solche Bedingunge­n entgegen.

Das Team hat für die deutsche Meistersch­aft zwar keine konkrete Vorgabe von ihrem Trainer bekommen, aber ein Platz unter den Top Acht sollte schon möglich sein. In der Einzelwert­ung setzt Pokorny vor allem auf Haboubi: „Bei ihm ist alles drin. Er ist ein Kämpfer und läuft inzwischen auch taktisch klug.“

Im Crosslauf ist der SSV Ulm 1846 in Baden-Württember­g schon lange eine Macht. Dieses Jahr hat die erste Mannschaft mit Aimen Haboubi, Korbinian Völkl und dem Mann aus Eritrea, Efrem Tadese, die Landesmeis­terschaft geholt, die zweite Garnitur mit Fabian Konrad, Fabian Göggel und Muhammad Lamin Bah ist auf Rang drei gekommen. In Thüringen dürfen allerdings die starken Afrikaner Tadese und Bah gar nicht antreten, weil sie keine deutsche Staatsbürg­erschaft besitzen.

Muhammad Lamin Bah ist seit 2016 beim SSV Ulm 1846. Aus Gambia floh er in den Senegal, war dann ein Jahr in Libyen und wurde von Schleppern als Bootsflüch­tling nach Italien gebracht. Den Halbmarath­on ist der zurückhalt­ende 20-Jährige, der in Europa zum ersten Mal Schnee gesehen hat und inzwischen in einem Hotel arbeitet, schon in etwas mehr als einer Stunde gelaufen. Wieland Pokorny kann aus dem Kopf alle Topzeiten seiner Schützling­e herunterbe­ten. Auch die der schnellste­n Frauen im Verein: Marlene Gomez-Islinger, die noch bis Mai in Texas studiert und Verena Cerna, eine Physik-Professori­n.

Die männlichen Topläufer sind inzwischen alle auf einem ähnlichen Niveau, zumal sich der Weißenhorn­er Fabian Konrad zuletzt erheblich gesteigert hat. Ihr Trainer sagt trotzdem: „Bei allen ist noch Luft nach oben.“Das sieht auch der 20-jährige Konrad so: „Ich hoffe, dass ich noch einen guten Schub bekomme.“

Von Ende März an absolviert­e Pokornys Läufergrup­pe eine Woche lang ein Trainingsl­ager in der Türkei. Dort soll mit speziellen Übungseinh­eiten die Umstellung auf die Sommersais­on gelingen, in der erneut diverse Meistersch­aften auf dem Programm stehen. Die weitere Vorbereitu­ng auf diese Titelkämpf­e können Haboubi und seine Mannschaft­skameraden dann auf den derzeit noch verschneit­en Bahnen im Donaustadi­on absolviere­n. Dort besteht kaum die Gefahr, dass sie umknicken oder sich sonst wie wehtun.

Der Gambier Bah kam als Bootsflüch­tling

 ?? Foto: Stefan Kümmritz ?? Abendliche­s Training an der Donau: (von links) Aimen Haboubi, Korbinian Völkl und der Weißenhorn­er Fabian Konrad.
Foto: Stefan Kümmritz Abendliche­s Training an der Donau: (von links) Aimen Haboubi, Korbinian Völkl und der Weißenhorn­er Fabian Konrad.

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