Vier Pfarreien in einem Rat
In Vöhringen gibt es künftig statt einzelne Gremien einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat. Kann das funktionieren? Was Pfarrer und Mitglieder dazu sagen
Die katholische Kirche leidet unter Priestermangel. Das ist eine Tatsache, mit der sich Verantwortliche und Gläubige auseinandersetzen müssen. Die Lösung bahnte sich vor Jahren an, als Pfarreien zu Gemeinschaften zusammengeschlossen wurden. Seit dreieinhalb Jahren gibt es auch in Vöhringen eine Pfarreiengemeinschaft (PG). Zu ihr gehören neben der städtischen St.-Michaels-Pfarrei auch die Pfarreien St. Ulrich in Illerzell, St. Martin in Illerberg und Unsere liebe Frau zum Rosenkranz in Bellenberg. Pfarrer Martin Straub sieht das Ergebnis dieser Konstellation als durchaus positiv an. „Die Pfarreien bewegen sich aufeinander zu“, sagt Straub. Mit einem gemeinsamen Pfarrgemeinderat soll das nun weiter vertieft werden.
Wie berichtet, geht die Vöhringer PG in diesem Jahr einen neuen Weg. Statt einzelne Gremien wird es künftig einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat geben. Aus dessen Mitte wird der Vorsitzende gewählt. Wie Straub sagt, sei im Vorfeld in den einzelnen Gremien dazu beraten worden. Der gemeinsame Pfarrgemeinderat sei von den Statuten her eine vorgesehene Alternative zur bisherigen Doppelstruktur von Pfarrgemeinderäten und Pastoralrat. „Ein gemeinsamer Rat ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit, da in einem Gremium alle Pfarreien vertreten sind.“
Diese Zusammenarbeit könne sich nur positiv auf das kirchliche Leben auswirken. „Sie wird befördernd wirken“, davon ist Straub überzeugt. Ein wesentlicher Teil der neuen Struktur besteht auch in den Pfarrteams, in denen sich Ehrenamtliche vor Ort engagieren können. Sie sollen die einzelnen Pfarreien lebendig halten. „Wir wollen die Pfarreiengemeinschaft als Einheit sehen und gestalten und wir wollen die Pfarreien vor Ort in ihrer Selbstständigkeit stärken.“
Innerhalb der Gremien fällt das Urteil zur neuen Struktur positiv aus. Bärbel Pressl aus Vöhringen ist etwa der Meinung, dass die Pfarreien so besser zusammenwachsen, sich besser kennenlernen und dann an einem Strang ziehen können. „Ich freue mich auf die neue Wahlperiode und bin gespannt, ob meine Vision von der neuen Gemeinschaft Wirklichkeit wird.“
Angelika Böck ist derzeit noch amtierende Zweite Vorsitzende des Gremiums in der Illerberger St.Martinspfarrei. In diesem Jahr stellte sie sich zwar nicht mehr für das Gre- mium zur Wahl, verfügt aber über einen reichen Erfahrungsschatz. Schon seit Gründung der Pfarreiengemeinschaft wisse man von der Notwendigkeit, entweder einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat zu gründen oder die bisherigen Strukturen beizubehalten und aus den einzelnen Gremien zwei Vertreter in den Pastoralrat zu entsenden. Die Vor- und Nachteile beider Varianten hätten zu lebhaften Diskussionen geführt – endeten aber in der Befürwortung eines gemeinsamen Pfarrgemeinderats. „Es war keineswegs eine Topdown-Entscheidung des Pfarrers, sondern es war ein einstimmiges Votum“, betont Böck. Die Aufgaben der einzelnen Pfarrei könnten aber nicht nur von den ehrenamtlichen Räten sowie hauptamtlichen Seelsorgern gestemmt werden. „Deshalb ist es zu begrüßen, dass es ein Pfarrteam geben wird.“
Gisela Brocke gehört, wenn auch nicht altersmäßig, zu den Urgesteinen der Illerzeller St.-Ulrichspfarrei. Für sie ist wichtig, dass die Pfarrei auch weiterhin selbstständig ist, die Kirche also „im Dorf bleibt“. Im gemeinsamen Pfarrgemeinderat sehe sie Chancen. „Es ist ein neuer Weg. In einigen Jahren wird man sehen, ob er funktioniert.“Immer weniger Menschen wollten sich heute verpflichtend engagieren oder gar in ein Gremium gewählt werden. Dabei sei es doch eine Bereicherung, sich zu engagieren und mitzuwirken. Auch Brocke setzt auf das Pfarrteam, weil es eine Möglichkeit sei, das kirchliche Leben lebendig zu halten. „Ich sehe den gemeinsamen Pfarrgemein- derat als Herausforderung und zugleich Bereicherung an. Wir müssen künftig schon allein zum Wohl der Kirche besser zusammenstehen.“
Wie Bernhard Hauguth aus Bellenberg sagt, sehe man bereits, dass die einzelnen Pfarreien zusammenwachsen. „Es gab schon gelungene, verbindende Aktionen wie den Familientag in Vöhringen oder den Abend der Pfarreiengemeinschaften in Illerberg.“Dass die vier Gremien „zusammenwachsen, sich noch besser kennenlernen und eine Einheit bilden“, begrüße er sehr. Gleichzeitig könnten eigene Bräuche, Traditionen und Eigenheiten bestehen bleiben. „Ich wünsche mir, dass wir nicht nur eine größere, sondern auch eine lebendigere und leidenschaftliche Gemeinschaft von Christen werden. Wir Pfarrgemeinderäte können wesentlich dazu beitragen“, sagt Hauguth.
Eigene Bräuche können bestehen bleiben