Aufregung um Fliegerbombe
Ein Bagger stößt in der Nähe des Bahnhofs auf einen 70 Kilo schweren Blindgänger. 200 Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen. Der Zugverkehr wird zeitweise lahmgelegt
Auf einer Baustelle in der Nähe des Neu-Ulmer Bahnhofs ist am Freitagvormittag eine 70 Kilogramm schwere Fliegerbombe gefunden worden. Ein Bagger stieß am Vormittag auf den Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Etwa 80 Wohnungen im Umfeld des Fundorts mussten evakuiert werden. Betroffen waren 200 Menschen. Sie konnten in der nahe gelegenen Glacis-Galerie unterkommen. Wer nicht gut zu Fuß war, wurde zur Ratiopharm-Arena gebracht. Dort konnten die Menschen bleiben, bis die Bombe entschärft war.
Die Feuerwehren Ulm und aus dem Kreis Neu-Ulm zogen alle verfügbaren Kräfte zusammen. Am Busbahnhof wurde ein Einsatzzentrum eingerichtet. Auch Polizei und Rettungsdienst waren mit starken Kräften vor Ort. Mehrere Teams gingen von Haus zu Haus, um die Bewohner herauszuholen. „Die Leute zeigten größtenteils Verständnis“, sagte Bernd Stapfner vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. „Einmal gab es eine kleinere Diskussion, ansonsten gab es überhaupt keine Probleme.“Nachdem alle betroffenen Wohnungen geräumt waren, konnte gegen 15.50 Uhr die gefährliche Arbeit der Sprengmeister beginnen.
Die Glacis-Galerie musste nicht evakuiert werden, auch die ArthrosKlinik in der Gartenstraße nicht. Die Post war allerdings geschlossen. Geräumt wurde in einem Radius von 200 Metern um den Fundort herum. Die Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde bei den Bauarbeiten für den „Südstadtbogen“an der Von-Hünefeld-Straße gefunden. Auf einem 16 800 Quadratmeter großen Grundstück entstehen dort 450 Wohnungen, ein 13-stöckiges Hochhaus, eine dreigeschossige Tiefgarage und rund 850 Parkplätze. Das Areal befindet sich in der Nähe des Bahnhofs und der GlacisGalerie. Von der Räumung betroffen waren auch die Gleisanlagen nahe der Baustelle. Deshalb wurde der Bahnverkehr zeitweise unterbrochen. Außerdem waren die Bahnhofstraße, die Gartenstraße, die Turmstraße und die HermannKöhl-Straße gesperrt.
Während gut 140 Polizisten den Bereich um den Bombenfund absicherten, machten sich die erfahrenen Sprengmeister Martin Radons und Michael Weiß vom Kampfmittelräumdienst München ans Werk. Bei dem Blindgänger handelte es sich um eine US-amerikanische Splitterbombe mittleren Kalibers, vermutlich gefüllt mit TNT. Um 16.25 Uhr konnten die Sprengmeister Entwarnung geben: Die Bombe war entschärft. „Wir hatten unsere Mühe, aber wir haben es hinbekommen“, sagte Martin Radons. Wegen des Zustands der Bombe sei es nicht ganz einfach gewesen, den Zünder herauszukriegen. Auch die Kälte machte den Experten zu schaffen. „Ich hatte wenig Gefühl in den Fingern, aber es ging“, so Radons. Der 40-Jährige hatte schon mit ganz anderen Kalibern zu tun. Beispielsweise war er bei der Entschärfung der 1,8 Tonnen schweren Bombe dabei, die im Dezember 2016 in Augsburg gefunden wurde. Verglichen damit war der Blindgänger am Neu-Ulmer Bahnhof zwar klein, Radons weiß aber auch: „Jede Bombe ist gefährlich. Man weiß nie, was einen erwartet.“Für Radons war der gestrige Einsatz ein besonderer: „Es war meine erste Entschärfung in meinem Heimatlandkreis.“Der Sprengmeister ist gebürtiger Altenstadter. Beim Sprengkommando München arbeitet er seit sechs Jahren. Die entschärfte Bombe packten die Spezialisten in ihr Dienstauto am Busbahnhof. Sie wird nun an einem sicheren Ort mit einer ferngesteuerten Säge auseinandergeschnitten. Der Sprengstoff wird anschließend verbrannt.
Die Anwohner konnten am späten Nachmittag wieder in ihre Wohnungen zurück. Die Sperrungen wurden aufgehoben. Die Einsatzkräfte rückten ab. Neben den vielen Polizisten waren etwa 100 Feuerwehrleute sowie rund 60 Helfer des Roten Kreuzes vor Ort. Das Großaufgebot an Beamten und Rettungskräften sorgte rund um den Bahnhof für Aufsehen. Alles blieb aber ruhig, auch bei der Evakuierung gab es keine Zwischenfälle. Die Stadt NeuUlm und die Polizei lobten ausdrücklich die gute Zusammenarbeit der vielen Helfer und Spezialisten. Ärger gab es jedoch um ein Gerücht, das am Busbahnhof die Runde machte: Angeblich war die Bombe bereits am Donnerstag entdeckt worden. Gemeldet wurde der Fund jedoch erst gestern. Die Polizei wird dem nun nachgehen. Sprecher Bernd Stapfner: „Das wird ein Nachspiel geben.“