Jedesheims „neues Herz“schlägt grün
Die Dorferneuerung soll in die zweite Runde gehen. Dann werden der Marienplatz und einige Straßen umgestaltet. Die Finanzierung ist noch nicht gesichert – Schuld ist die „Strabs“
Es könnte so schön sein: Sitzbänke, viel Grün, ein neuer Dorfladen mit Café. Und über alledem ragt der Maibaum auf. Jedesheims neue Mitte soll einmal reichlich Aufenthaltsqualität bieten: Das wurde in einer Sitzung des Illertisser Stadtrats deutlich, in der Landschaftsarchitekt Lothar Beck seine Ideen für die Umgestaltung des Marienplatzes vor zahlreichen Zuhörern präsentierte. Sie gehört in die zweite Phase des Programms zur sogenannten Dorferneuerung, die nach dem Abschluss der Arbeiten an der Bayernstraße (Schritt eins) beginnen soll. Dabei entsteht aber nicht nur „das neue Herz Jedesheims“, wie Beck sagte.
Auch mehrere Straßenzüge um das Ortszentrum herum werden umgebaut: Dazu gehören ein Teil der Illertissener Straße, die Brunnenstraße, der Herrenstettener Weg, die Pfarrer-Steiner-Straße und der Ölmühlweg. Dorftypischer soll hinterher alles aussehen und grüner, hieß es. Schmalere Straßen werden Autofahrer dazu bringen, langsamer zu fahren. Den Stadträten gefiel das Gesehene ausnahmslos gut. Sie stimmten Becks Vorentwurf zu. Der Architekt kann sich nun an die Entwurfsplanung machen. Das heißt allerdings nicht, dass die zweite Stufe der Dorfentwicklung so umgesetzt wird. Denn bei der Finanzierung gibt es noch Unwägbarkeiten.
Unsicher sei, wie es mit der Straßenausbaubeitragssatzung, der Strabs, weiter geht, sagte Bürgermeister Jürgen Eisen (CSU). Der Hintergrund: Die CSU hat angekündigt, die umstrittenen Gebühren in Bayern abzuschaffen. Die Freien Wähler wollen das durch ein Volksbegehren beschleunigen, für das sie zuletzt Unterschriften sammelten. Doch eine verbindliche Entscheidung gibt es noch nicht. Bislang mussten Anwohner bei Ausbauten der Straßen einen Teil der Kosten übernehmen – auch in Jedesheim. Sollte das rechtlich nun nicht mehr haltbar sein, würde ein großer Anteil der Finanzierung wegfallen. Ein Problem, vor dem aktuell zahlreiche kommunale Bauherren stehen. Sie alle hoffen, dass der Staat für die gestrichenen Beiträge aufkommt. Illertissen rechnet momentan mit Strabs-Ausfällen von etwa 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Inwiefern sich das konkret auf die zweite Stufe der Dorferneuerung auswirken könnte, ist noch offen. Wie bei anderen bereits anvisierten Ausbauvorhaben ist Abwarten angesagt. Bei der Sanierung der Bayernstraße (Stufe eins) sollten die Anlieger insgesamt 640 000 Euro übernehmen. Es wurden Vorauszahlungen geleistet. Insgesamt sind 1,9 Millionen Euro veranschlagt, die Fördergelder belaufen sich auf 410 000 Euro.
Beck präsentierte in der Sitzung Details. Dabei war etwa zu erfahren, dass unter anderem die Pfarrer-Steiner-Straße eine schmalere Fahrbahn bekommen soll. Zudem einen „multifunktionalen Pflasterstreifen“, der zwar für Fußgänger gedacht ist, aber bei Bedarf von Autos „überfahren“werden kann. Die gefährliche Einmündung in die Kirchenstraße wird senkrecht angelegt: Das soll Autofahrer zwingen, deutlich stärker abzubremsen.
Ein neues Aussehen erhalten wird auch die Kreuzung von Marienplatz, Kirchenstraße, Herrenstettener Weg und Brunnenstraße: Eine „abknickende Vorfahrt“ist vorgesehen, sagte Planer Beck. Bisher sei es dort für Verkehrsteilnehmer schwer, sich zu orientieren. Die Neuerung sei mit einem anliegenden Landwirt abgesprochen, der in jenem Bereich täglich mit schweren Fahrzeugen unterwegs ist.
Im Fokus der Umbauten steht der Marienplatz – und damit der Dorfladen. Da soll sich einiges tun. Nach dem Abriss der ehemaligen Bankenfiliale will die Dorfladengenossenschaft ein neues Gebäude errichten, hieß es. Das Geschäft werde in das Erdgeschoss ziehen, in einem eingeschossigen Anbau mit Flachdach sei ein Café vorgesehen. Der „alte“Laden könnte zu einem Wohnhaus werden. Vorgesehen sind am Marienplatz zudem Sitzbänke und Grünflächen. Außerdem könnte der Maibaum künftig dort aufgestellt werden: „Der gehört einfach in die Ortsmitte“, sagte Beck.
Das alles sehe „toll“aus, lobte Bürgermeister Eisen. Mehrere Stadträte schlossen sich an, so etwa Andreas Fleischer (SPD), der bemerkte, angesichts der Pläne könne man als Nicht-Jedesheimer neidisch werden. Die Bürger im Ort stünden hinter der Dorferneuerung, hieß es. Es gebe inzwischen einige private Sanierungsmaßnahmen.
Wann der zweite Teil der Dorferneuerung beginnen kann, ist unklar. Im Herbst dieses Jahres wird zunächst einmal die Sanierung der Bayernstraße (und damit Stufe eins) abgeschlossen. Bis Ende 2018 sollen genauere Pläne für den zweiten Schritt vorliegen. Diese müssten dann beim Amt für ländliche Entwicklung eingereicht werden, wo über die in Aussicht gestellten Fördergelder entschieden werde. Geht alles glatt, könnte wohl frühestens ab dem Jahr 2020 gebaut werden, schätzt Beck. Dann soll es abschnittsweise vorangehen: Die Dorferneuerung ist auf mehrere Jahre angelegt.
Das Votum fiel deutlich aus: Mit 32 zu zehn Stimmen hat der Neu-Ulmer Stadtrat für den Nuxit gestimmt. CSU, PRO sowie ein Großteil der Räte von SPD und Grünen sind sich sicher, dass NeuUlm als kreisfreie Stadt eine bessere Zukunft mit mehr Gestaltungsmöglichkeiten hat. Dieses klare Ergebnis gilt es zunächst zu akzeptieren, auch vonseiten der NuxitSkeptiker. Es ist Ausdruck eines gewachsenen Selbstbewusstseins einer prosperierenden Stadt, die künftig – davon war in der entscheidenden Sitzung am Mittwoch gleich mehrfach die Rede – „auf Augenhöhe“mit Ulm und dem Landkreis verhandeln will.
Nicht verständlich ist jedoch, warum die Bürger bei einer so weit reichenden Entscheidung wie dem Austritt aus dem Landkreis NeuUlm nach fast 50-jähriger Zugehörigkeit partout nicht gefragt werden sollten. Wer argumentiert, wir lebten nun mal in einer repräsentativen Demokratie und deshalb könne nur der Stadtrat über den Nuxit entscheiden, vergisst dabei: Die bayerische Verfassung garantiert ausdrücklich auch Instrumente der direkten Demokratie. Das Ziel der Initiative „Nuxit – so geht’s net“, einen Bürgerentscheid zu erwirken, ist völlig legitim.
Deshalb war es mindestens fragwürdig, das Bürgerbegehren durch einen eilig anberaumten Stadtratsbeschluss auszubremsen. Das war Wasser auf die Mühlen der Nuxit-Gegner. Sie werden nun mit noch mehr Eifer gegen die Kreisfreiheit kämpfen.
Das letzte Wort in Sachen Nuxit ist ohnehin noch nicht gesprochen. Denn die endgültige Entscheidung liegt bei der bayerischen Staatsregierung. Und die kann nach eigenem Ermessen (mit Zustimmung des Landtags) die Kreisfreiheit erlassen oder nicht. Dazu wäre rein formal nicht einmal ein Antrag nötig. Sollte die Staatsregierung den Nuxit beschließen, wäre das ein Novum in Bayern. Mit der Folge, dass auch bei anderen kreisangehörigen Städten Begehrlichkeiten geweckt werden könnten.
Maibaum gehört in die Ortsmitte