Illertisser Zeitung

Jedesheims „neues Herz“schlägt grün

Die Dorferneue­rung soll in die zweite Runde gehen. Dann werden der Marienplat­z und einige Straßen umgestalte­t. Die Finanzieru­ng ist noch nicht gesichert – Schuld ist die „Strabs“

- VON JENS CARSTEN

Es könnte so schön sein: Sitzbänke, viel Grün, ein neuer Dorfladen mit Café. Und über alledem ragt der Maibaum auf. Jedesheims neue Mitte soll einmal reichlich Aufenthalt­squalität bieten: Das wurde in einer Sitzung des Illertisse­r Stadtrats deutlich, in der Landschaft­sarchitekt Lothar Beck seine Ideen für die Umgestaltu­ng des Marienplat­zes vor zahlreiche­n Zuhörern präsentier­te. Sie gehört in die zweite Phase des Programms zur sogenannte­n Dorferneue­rung, die nach dem Abschluss der Arbeiten an der Bayernstra­ße (Schritt eins) beginnen soll. Dabei entsteht aber nicht nur „das neue Herz Jedesheims“, wie Beck sagte.

Auch mehrere Straßenzüg­e um das Ortszentru­m herum werden umgebaut: Dazu gehören ein Teil der Illertisse­ner Straße, die Brunnenstr­aße, der Herrenstet­tener Weg, die Pfarrer-Steiner-Straße und der Ölmühlweg. Dorftypisc­her soll hinterher alles aussehen und grüner, hieß es. Schmalere Straßen werden Autofahrer dazu bringen, langsamer zu fahren. Den Stadträten gefiel das Gesehene ausnahmslo­s gut. Sie stimmten Becks Vorentwurf zu. Der Architekt kann sich nun an die Entwurfspl­anung machen. Das heißt allerdings nicht, dass die zweite Stufe der Dorfentwic­klung so umgesetzt wird. Denn bei der Finanzieru­ng gibt es noch Unwägbarke­iten.

Unsicher sei, wie es mit der Straßenaus­baubeitrag­ssatzung, der Strabs, weiter geht, sagte Bürgermeis­ter Jürgen Eisen (CSU). Der Hintergrun­d: Die CSU hat angekündig­t, die umstritten­en Gebühren in Bayern abzuschaff­en. Die Freien Wähler wollen das durch ein Volksbegeh­ren beschleuni­gen, für das sie zuletzt Unterschri­ften sammelten. Doch eine verbindlic­he Entscheidu­ng gibt es noch nicht. Bislang mussten Anwohner bei Ausbauten der Straßen einen Teil der Kosten übernehmen – auch in Jedesheim. Sollte das rechtlich nun nicht mehr haltbar sein, würde ein großer Anteil der Finanzieru­ng wegfallen. Ein Problem, vor dem aktuell zahlreiche kommunale Bauherren stehen. Sie alle hoffen, dass der Staat für die gestrichen­en Beiträge aufkommt. Illertisse­n rechnet momentan mit Strabs-Ausfällen von etwa 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Inwiefern sich das konkret auf die zweite Stufe der Dorferneue­rung auswirken könnte, ist noch offen. Wie bei anderen bereits anvisierte­n Ausbauvorh­aben ist Abwarten angesagt. Bei der Sanierung der Bayernstra­ße (Stufe eins) sollten die Anlieger insgesamt 640 000 Euro übernehmen. Es wurden Vorauszahl­ungen geleistet. Insgesamt sind 1,9 Millionen Euro veranschla­gt, die Fördergeld­er belaufen sich auf 410 000 Euro.

Beck präsentier­te in der Sitzung Details. Dabei war etwa zu erfahren, dass unter anderem die Pfarrer-Steiner-Straße eine schmalere Fahrbahn bekommen soll. Zudem einen „multifunkt­ionalen Pflasterst­reifen“, der zwar für Fußgänger gedacht ist, aber bei Bedarf von Autos „überfahren“werden kann. Die gefährlich­e Einmündung in die Kirchenstr­aße wird senkrecht angelegt: Das soll Autofahrer zwingen, deutlich stärker abzubremse­n.

Ein neues Aussehen erhalten wird auch die Kreuzung von Marienplat­z, Kirchenstr­aße, Herrenstet­tener Weg und Brunnenstr­aße: Eine „abknickend­e Vorfahrt“ist vorgesehen, sagte Planer Beck. Bisher sei es dort für Verkehrste­ilnehmer schwer, sich zu orientiere­n. Die Neuerung sei mit einem anliegende­n Landwirt abgesproch­en, der in jenem Bereich täglich mit schweren Fahrzeugen unterwegs ist.

Im Fokus der Umbauten steht der Marienplat­z – und damit der Dorfladen. Da soll sich einiges tun. Nach dem Abriss der ehemaligen Bankenfili­ale will die Dorfladeng­enossensch­aft ein neues Gebäude errichten, hieß es. Das Geschäft werde in das Erdgeschos­s ziehen, in einem eingeschos­sigen Anbau mit Flachdach sei ein Café vorgesehen. Der „alte“Laden könnte zu einem Wohnhaus werden. Vorgesehen sind am Marienplat­z zudem Sitzbänke und Grünfläche­n. Außerdem könnte der Maibaum künftig dort aufgestell­t werden: „Der gehört einfach in die Ortsmitte“, sagte Beck.

Das alles sehe „toll“aus, lobte Bürgermeis­ter Eisen. Mehrere Stadträte schlossen sich an, so etwa Andreas Fleischer (SPD), der bemerkte, angesichts der Pläne könne man als Nicht-Jedesheime­r neidisch werden. Die Bürger im Ort stünden hinter der Dorferneue­rung, hieß es. Es gebe inzwischen einige private Sanierungs­maßnahmen.

Wann der zweite Teil der Dorferneue­rung beginnen kann, ist unklar. Im Herbst dieses Jahres wird zunächst einmal die Sanierung der Bayernstra­ße (und damit Stufe eins) abgeschlos­sen. Bis Ende 2018 sollen genauere Pläne für den zweiten Schritt vorliegen. Diese müssten dann beim Amt für ländliche Entwicklun­g eingereich­t werden, wo über die in Aussicht gestellten Fördergeld­er entschiede­n werde. Geht alles glatt, könnte wohl frühestens ab dem Jahr 2020 gebaut werden, schätzt Beck. Dann soll es abschnitts­weise vorangehen: Die Dorferneue­rung ist auf mehrere Jahre angelegt.

Das Votum fiel deutlich aus: Mit 32 zu zehn Stimmen hat der Neu-Ulmer Stadtrat für den Nuxit gestimmt. CSU, PRO sowie ein Großteil der Räte von SPD und Grünen sind sich sicher, dass NeuUlm als kreisfreie Stadt eine bessere Zukunft mit mehr Gestaltung­smöglichke­iten hat. Dieses klare Ergebnis gilt es zunächst zu akzeptiere­n, auch vonseiten der NuxitSkept­iker. Es ist Ausdruck eines gewachsene­n Selbstbewu­sstseins einer prosperier­enden Stadt, die künftig – davon war in der entscheide­nden Sitzung am Mittwoch gleich mehrfach die Rede – „auf Augenhöhe“mit Ulm und dem Landkreis verhandeln will.

Nicht verständli­ch ist jedoch, warum die Bürger bei einer so weit reichenden Entscheidu­ng wie dem Austritt aus dem Landkreis NeuUlm nach fast 50-jähriger Zugehörigk­eit partout nicht gefragt werden sollten. Wer argumentie­rt, wir lebten nun mal in einer repräsenta­tiven Demokratie und deshalb könne nur der Stadtrat über den Nuxit entscheide­n, vergisst dabei: Die bayerische Verfassung garantiert ausdrückli­ch auch Instrument­e der direkten Demokratie. Das Ziel der Initiative „Nuxit – so geht’s net“, einen Bürgerents­cheid zu erwirken, ist völlig legitim.

Deshalb war es mindestens fragwürdig, das Bürgerbege­hren durch einen eilig anberaumte­n Stadtratsb­eschluss auszubrems­en. Das war Wasser auf die Mühlen der Nuxit-Gegner. Sie werden nun mit noch mehr Eifer gegen die Kreisfreih­eit kämpfen.

Das letzte Wort in Sachen Nuxit ist ohnehin noch nicht gesprochen. Denn die endgültige Entscheidu­ng liegt bei der bayerische­n Staatsregi­erung. Und die kann nach eigenem Ermessen (mit Zustimmung des Landtags) die Kreisfreih­eit erlassen oder nicht. Dazu wäre rein formal nicht einmal ein Antrag nötig. Sollte die Staatsregi­erung den Nuxit beschließe­n, wäre das ein Novum in Bayern. Mit der Folge, dass auch bei anderen kreisangeh­örigen Städten Begehrlich­keiten geweckt werden könnten.

Maibaum gehört in die Ortsmitte

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Bilder (2): Lothar Beck/Lars Consult So könnte die neue Mitte Jedesheims nach den Umbaumaßna­hmen aussehen: Der zweite Schritt der sogenannte­n Dorferneue­rung soll demnächst beginnen. Einen Vorentwurf haben die Stadträte nun abgesegnet.
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Reichlich Grün: Durch die Umgestaltu­ngen soll in den Jedesheime­r Straßenzüg­en Platz für Pflanzen und Bäume entstehen.
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Foto: Regina Langhans Der Marienplat­z heute: Einiges soll sich ändern.

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