Wo bleibt die Kunst?
Weltmeister Nathan Chen zeigt sechs Vierfach-Sprünge. Das gefällt nicht jedem
Sechs Mal schraubte sich der 18-jährige Amerikaner Nathan Chen beim Sturzfestival der Weltmeisterschaft zu akrobatischen Vierfach-Sprüngen in die Höhe. Für EisKUNSTlauf hatte der Athlet mit chinesischen Wurzeln angesichts des fast übermenschlichen Kürprogramms aber kaum Zeit. Er hetzte von Element zu Element.
Die ärgsten Konkurrenten Chens purzelten reihenweise auf das Eis, der japanische WM- und OlympiaZweite Shoma Uno ging, gehandicapt von einer Knöchelverletzung, mehrmals zu Boden. Gar nicht dabei war Olympia-Sieger und Titelverteidiger Yuzuru Hanyu aus Japan, dessen Knöchel beim Versuch des vierfachen Lutz im Herbst schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Äußerst umstritten ist in der Fachwelt, ob die Entwicklung zu immer stärkeren Rotationen gebremst werden soll. Sie ruiniert nicht nur die Gesundheit der Läufer, sondern verdirbt auch das Zuschauen. Beim Kongress des Weltverbandes im Juni wird es einige Anträge geben, die Vierfach-Manie einzudämmen.
Während Chen zwei Flips, zwei Toeloops, einen Lutz und einen Salchow landete, kämpfte Paul Fentz schon mit dem einzigen vierfachen Toeloop. Die Jury wertete ihn leicht ab, weil er ihn nicht ganz zu Ende drehte. Zur Musik von „Game of Thrones“zeigte der Berliner sein Talent zum schönen Laufen, viel mehr als sein 15. Platz wird aber auch in Zukunft nicht drin sein.
„Wir sind uns ja bewusst, dass da noch was kommen muss“, sagt Trainerin Romy Oesterreich. Vor allem muss der Nachwuchs kommen – mit 25 Jahren ist das Lernpotenzial von Fentz begrenzt. Die Deutsche Eislauf-Union verweist auf hervorragende Ergebnisse in den Top Ten der Junioren-WM.
Besonders durch den Olympiaund WM-Sieg von Aljona Savchenko und Bruno Massot ist der Verband in diesem Winter gut weggekommen. In den Strategiegesprächen mit dem Bundesinnenministerium wird es aber darum gehen, Wege für den Nachwuchs aufzuzeigen.