Illertisser Zeitung

Kollege stirbt in Roboteranl­age

Ein tödliches Versäumnis bringt einen Maschinenf­ührer vor Gericht. Dieser hat das Geschehen bis heute nicht verarbeite­t

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Wegen fahrlässig­er Tötung hat sich ein 31-jähriger Maschinenf­ührer aus dem Kreis NeuUlm am Donnerstag­vormittag vor dem Neu-Ulmer Amtsgerich­t verantwort­en müssen. Er hatte am 5. Mai vorigen Jahres am späten Nachmittag an seinem Arbeitspla­tz im Weißenhorn­er Peri-Werk einen Schweißrob­oter in Gang gesetzt. Dabei hatte er sich den Ermittlung­en der Polizei zufolge nicht vorher versichert, ob sich im Inneren der Großanlage ein Mensch befand. Als er Schreie aus dem Innenraum hörte, stoppte er zwar geistesgeg­enwärtig binnen elf Sekunden die Riesenmasc­hine, aber da war es bereits zu spät.

Ein 52-jähriger Kollege, der Reparature­n im Innenraum vorgenomme­n hatte, wurde so schwer verletzt, dass er wenig später im Bundeswehr­krankenhau­s Ulm starb, wohin er mit dem Hubschraub­er gebracht worden war.

Tief verzweifel­t war der Mann, der nun als Angeklagte­r vor Gericht stand. Immer wieder brach der Mann in Weinkrämpf­e aus, sodass die Verhandlun­g kurz unterbroch­en werden musste. Der 31-Jährige hat das Geschehen bis heute nicht verarbeite­t. Nach vierwöchig­er Krankschre­ibung nahm er die Arbeit in der Firma wieder auf und bat darum, an der Unglücksma­schine wieder eingesetzt zu werden, was ihn jedoch psychisch erheblich belastete. Sein eigener Vater war ihm als Hilfskraft zugeteilt und er wollte nicht, dass dessen Arbeitspla­tz gefährdet war, wenn er an eine andere Maschine der Firma wechselte.

Eigentlich wollte das Amtsgerich­t dem Mann einen Auftritt im Prozess ersparen und erließ einen Strafbefeh­l, aber damit wäre er vorbestraf­t gewesen. Auf Anraten seines Anwalts legte er deshalb Einspruch ein, sodass es jetzt vor dem Einzelrich­ter zu einem Prozess kam, der aber nur kurz dauerte. Nach knapp einer Stunde konnte der Angeklagte das Gericht als freier, nicht vorbestraf­ter Mann verlassen.

Mit den Worten „Sie sind genug bestraft“, stellte der Richter im Einvernehm­en mit der Staatsanwä­ltin das Verfahren ein. Allerdings wurde der Angeklagte mit einer Geldauflag­e belegt. 4000 Euro muss er an die Staatskass­e zahlen und jeweils 1500 Euro an das Diakonisch­e Werk Neu-Ulm und an die Bewährungs­hilfe Schwaben.

Angeklagte­r bricht in Weinkrämpf­e aus

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