Mit 57 Jahren noch immer Weltspitze
Als Kind lernte Joe Stolte das Skifahren lieben – erst in späteren Jahren aber stellte er sein Hobby auf eine internationale Basis. Jetzt hat der Vöhringer einen neuen Titel eingefahren
Groß, schlank, braun gebrannt und mit einem strahlenden Lächeln steht Joe Stolte in der Tür. Er hat allen Grund zur Freude. Denn gerade ist er aus den USA von den FIS-Masters World Championships als Vizeweltmeister im Riesenslalom zurückgekehrt. Mehr noch – er gehört zu den Top Ten seiner Liga in der Weltrangliste und rangiert derzeit auf dem 6. Platz. Aber viel Zeit zum Feiern hat er nicht. Denn kaum zu Hause, ist er schon auf dem Sprung nach Serre Chevalier in Frankreich, um dort an den Rennen zum Saisonende teilzunehmen.
Das Kriterium in den USA, veranstaltet vom Skiweltverband FIS, fand in Big Sky in Montana statt. 180 Läufer waren am Start. Die Verhältnisse auf der Piste waren nicht gerade ideal, sagt Stolte. „Die Strecke war steil, eng, hart und kompakt.“Eine Herausforderung für dem 57-Jährigen, der seit Jahren zu den Spitzenläufern seiner Klasse gehört: „Das sind die Masters im Alter von 30 Jahren aufwärts.“Sportler, die früher als Profis auf den Pisten unterwegs waren und sich ihrem Sport verschrieben haben. „Denn als Profi lebt man von diesem Sport, die Masters nicht, die haben alle noch einen Beruf.“Der Vöhringer zum Beispiel ist selbstständig im Nutzfahrzeugbereich.
Im Sportclub Vöhringen war Stolte schon als Sechsjähriger dabei und er war 17, als er sich der Skiabteilung anschloss. Er begann Rennen zu fahren, dachte aber nie daran, eine Profi-Karriere zu starten. Aber er schaffte es immerhin bis zur Spitze der Amateure deutschlandweit. Da er sich dem SC Vöhringen verbunden fühlte, machte er seinen Schein als Skilehrer. Im Verein bringt er sich ein, wo er gerade gebraucht wird. Wenn im Sommer das SportparkSommerfest angesagt ist, dann läuft Stolte mit dem Mikrofon in der Hand über den Rasen und managt dort die Spiele für Familien, Gruppen, Freunde. „Ich bin eben ein leidenschaftlicher SCVler“, sagt er.
Als er 40 Jahre alt war, entschloss er sich, den Skisport auf eine internationale Basis zu stellen. Er entdeckte die Weltcup-Serie für die Sportler, die ihre Profi-Laufbahn beendet und den Profi-Status abgelegt hatten. Aber viele von ihnen wollten den Kick der Rennen nicht vermissen. So starteten sie in einer anderen Liga, die aber nicht weniger anspruchsvoll ist. Über seine Erfolge redet Stolte nicht gerne, da kommt seine schwäbische, eher zurückhaltende Mentalität durch. Äußere Statussymbole sind ihm fremd.
In Vöhringen ist er bekannt wie der viel zitierte bunte Hund. Er liebt Gespräche, mal so eben am Straßenrand oder er philosophiert über Gott und die Welt. Dass er gläubig ist, daraus macht er keinen Hehl. Das Ährenkreuz in seinem Wohnzimmer ist für ihn mehr als nur Schmuck.
Wer bei den Masters fährt, braucht wie die Profis Training. „Das beginnt auf den Gletschern der Alpen bereits im September. Die Saison geht bis Ende April.“Joe Stolte ist überall auf der Welt unterwegs. In der jetzt ausklingenden Saison mischte er wie immer auch in den anderen alpinen Disziplinen vorne mit. In Big Sky in Montana schaffte er im großen Teilnehmerfeld den 16. Platz im Super-G, das ist eine Kombination aus Abfahrt und Riesenslalom. Im Slalom wurde er fünfter und im Riesenslalom waren ihm der zweite Platz und damit die Vizeweltmeisterschaft nicht zu nehmen. Seine Pokalsammlung, die ein ganzes Schaufenster füllen könnte, hat er auf einen Schrank verbannt, wo sie dicht gedrängt stehen. „Eine Freude für die Hausfrau, die sich immer auf Staubwischen freut“, sagt Stolte und lacht, wohl wissend, dass Ehefrau Carola voll hinter ihrem Mann steht. Ans Aufhören denkt er noch nicht. Seine Meinung: Kommt Zeit, kommt Rat.