Hat Trumps Militärschlag Assad beeindruckt?
Die Streitkräfte der USA, Großbritanniens und Frankreichs feuerten mehr als 100 Marschflugkörper ab. Wichtige Komponenten der Chemiewaffen-Infrastruktur wurden zerstört. Rätselraten über die langfristige Strategie
„Mission erfüllt“feierte Donald Trump den Ausgang der Strafaktion gegen das syrische Regime Baschar al-Assads für den Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten in Duma. Die „großartigen“Streitkräfte der USA und ihrer Alliierten Frankreich und Großbritannien hätten einen „perfekt ausgeführten Schlag“gesetzt.
„Ich hätte nicht dazu geraten, diese Worte zu gebrauchen“, sagt einer, der es wissen muss. George W. Bushs damaliger Pressesprecher Ari Fleischer erinnert sich nur zu gut daran, wie die Formel „Mission Accomplished“seinen früheren Chef bis zum Ende von dessen Präsidentschaft verfolgte. Stehen die beiden Worte doch synonym für das Debakel des Irak-Kriegs, den Bush im Mai 2003 auf dem Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“voreilig für beendet erklärte.
Damals wie heute erledigten die US-Streitkräfte die gesetzten Aufgaben; allerdings in ganz anderer Dimension. Im Irak stürzten sie mit einer Invasion den Diktator Saddam Hussein. In Syrien legten sie „nur“das mutmaßlich an der Entwicklung von Chemiewaffen beteiligte Forschungszentrum von Barsah nördlich der syrischen Hauptstadt sowie zwei Munitionsdepots unweit der Stadt Homs in Schutt und Asche. Laut Angaben aus dem Pentagon sei „das Herz“des syrischen Chemiewaffen-Programms getroffen worden. Laut General Frank McKenzie war die Einrichtung in Barsah „eine fundamentale Komponente der Chemiewaffen-Infrastruktur des Regimes“. Später fügte er einschränkend hinzu, er würde nicht so weit gehen zu behaupten, Assad könne künftig keine Angriffe mit Chemiewaffen mehr durchführen.
Im Vergleich zu dem Vergeltungsschlag auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt vor einem Jahr setzten die USA dieses Mal doppelt so viele Marschflugkörper ein. Die Kosten für die verwendete Munition liegen bei 50 Millionen US-Dollar. Um eine Konfrontation mit russischen und syrischen Abwehrsystemen zu vermeiden, feuerten die Amerikaner aus sicherer Distanz. Zu Bushs verfrühtem Jubel im Irak-Krieg sehen Analysten eine weitere Parallele: Es fehle ein Plan, was nach dem Erfüllen des militärischen Auftrags passieren soll.
So widersprachen sich am Wochenende die Verlautbarungen zu dem Militärschlag aus der US-Regierung. Auf der einen Seite stellte der Präsident in seiner kurzen Ansprache an die Nation „eine nachhaltige Antwort“in Aussicht, „bis das syrische Regime aufhört, chemische Substanzen einzusetzen“. Daran knüpfte UN-Botschafterin Nikki Haley in der Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates am Samstag an: „Wenn das syrische Regime noch einmal Giftgas benutzt, haben die USA durchgeladen und entsichert“.
Andererseits waren aus dem Pentagon gemäßigtere Töne zu hören. „Für jetzt ist das ein einmaliger Schlag“, erklärte Verteidigungsminister Jim Mattis, der schon zuvor deutlich gemacht hatte, die USA wollten nicht „in den Bürgerkrieg selbst hineingezogen werden“. Um das Risiko einer Eskalation zu minimieren, informierten die Alliierten Russland auf mehreren Kanälen über die bevorstehenden Angriffe.
Das Fehlen einer Syrien-Strategie könne Assad in die Hände spielen, glaubt zumindest der Analyst Faysal Itani vom Atlantic Council. Dieser brauche sich nur zurückzulehnen und abzuwarten, bis die Empörung vorüber sei. „Nichts von dem, was Trump gesagt hat, rührt an den Kern des Syrienkonflikts“. Auch der ehemalige politische Direktor des US-Außenministeriums, Richard Haas, hegt Bedenken. „Niemand weiß, ob das wirklich einen abschreckenden Effekt hat“, sagt er und erinnert daran, dass die Strafaktion vor einem Jahr nur drei Monate lang wirkte. Danach setzte Assad ungestraft wiederholt Chemiewaffen ein. „Und nichts schützt die Menschen in Syrien vor Angriffen ohne Chemiewaffen“.
Im Gegenteil: Der Befehl Trumps, die 2000 US-Soldaten im Osten Syriens komplett abzuziehen, steht weiter im Raum. Wenige Tage vor dem Giftgasangriff hatte Trump seinen Generälen 48 Stunden Zeit für den Rückzug gegeben. Pentagon-Chef Mattis konnte Trump jedoch überzeugen, diese Frist auf ein halbes Jahr zu verlängern. Der demokratische Senator Chris Murphy interpretiert das so: „Mattis wollte keinen Militärschlag gegen Syrien, weil dies das Risiko in sich trägt, die USA in einen weiteren Krieg mit Russland und Iran hineinzuziehen. Aber er musste etwas tun, weil Trump darüber getwittert hat“.
So ähnlich sieht Pentagon-Berater Stephen Biddle die Dinge. „Das ist keine Syrien-Strategie, sondern ein Psychodrama.“Trumps Idee, gelegentlich US-Militärmacht zu demonstrieren, um Akteure wie Assad einzuschüchtern, riskiere unbeabsichtigte Konsequenzen. „Früher oder später funktioniert das nicht und scheitert katastrophal“. Die
titelt: „Mission erfüllt!“Aber sie fragt auch: „Was genau ist die Mission in Syrien?“