Post bekommt Ärger mit der Politik
Das Unternehmen verlängert keine befristeten Verträge von Mitarbeitern, die zu oft krank waren. Finanzminister Olaf Scholz kritisiert das. Aber ist das Vorgehen eigentlich rechtlich erlaubt?
Wer auf dem Karriereportal der Deutschen Post den Begriff Zusteller eingibt, bekommt fast 700 Ergebnisse. So viele offene Stellen für Briefträger und Paketboten hat das Unternehmen momentan. Dass die Zustellerbranche sich schwertut, Arbeitskräfte zu finden, ist nicht neu. Auch die Post hat Probleme. Und dennoch macht das Unternehmen nun mit seiner Einstellungspraxis negative Schlagzeilen.
Wer befristet bei der Deutschen Post als Zusteller arbeitet, bekommt nämlich nur unter bestimmten Bedingungen eine Festanstellung. Der Angestellte darf innerhalb von zwei Jahren nicht öfter als sechs Mal und nicht länger als 20 Tage krank gewesen sein. Zudem darf er höchstens zwei Autounfälle mit einem maximalen Schaden von 5000 Euro gehabt haben. Als dritten Punkt schreibt das Unternehmen vor, dass Postboten innerhalb von drei Monaten nicht mehr als 30 Stunden über der vorgesehenen Zeit für ihre Touren liegen dürfen. Die Post begründet das damit, dass die Arbeit als Zusteller anstrengend sei. Zu klä- „ob die erforderliche Eignung für eine dauerhafte Tätigkeit gegeben ist, liegt im Interesse des Unternehmens, aber auch des Beschäftigten“, sagt ein Sprecher der Post. „Es ist im Sinne der Fürsorge für unsere Mitarbeiter, die gesundheitlichen Voraussetzungen im Auge zu behalten und zu gewährleisten, dass die Beschäftigten den Anforderungen im Alltag gewachsen sind.“Daher sei es aus Sicht des Unternehmens folgerichtig, die Entscheidung über eine Entfristung an diese Kriterien zu knüpfen.
Arbeitsrechtlich spricht wenig gegen dieses Vorgehen, sagt der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrecht Raffael Nath. Nur wenn es um die Krankentage geht, könnte die Post ein Problem bekommen. Nämlich dann, wenn sich herausstelle, dass die Einschränkungen Menschen mit Behinderungen benachteiligen. Sie könnten nach dem Gesetz der Allgemeinen Gleichbehandlung auf eine Entschädigung klagen – aber nicht auf eine Festanstellung, sagt Nath. Die Anzahl der Unfälle und auch die Arbeitszeit zur Grundlage für eine Vertragsverlängerung zu machen, hält der Arbeitsrechtler hingegen für weniger problematisch.
Reiner Hoffmann, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, hält das Vorgehen der Post arbeitsrechtlich ebenfalls nicht für angreifbar. „Aber es ist moralisch höchst verwerflich“, findet er. Auch weil der Bund über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) noch 26 Proren, zent der Anteile an der Post hält, wie das Finanzministerium mitteilt.
So fordert die für die Post zuständige Gewerkschaft Verdi die Bundesregierung auf, zu handeln. „Es ist höchste Zeit, das Teilzeit- und Befristungsgesetz zu ändern“, sagte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Andrea Kocsis. Die Verlängerung von Arbeitsverträgen von pauschalen Kriterien abhängig zu machen, lehnt die Gewerkschafterin ab. Sie hebt aber lobend hervor, dass die Post versucht, die Zahl befristeter Stellen zu senken. Alleine in diesem Jahr seien 2500 unbefristete Verträge geschlossen worden, sagt der Post-Sprecher.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat angekündigt, Gespräche mit dem Vorstand des Unternehmens zu führen. Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagt auf Anfrage, dass der Bund versuche, auf eine sozial gerechte Beschäftigungspolitik hinzuwirken. Sie fügte aber hinzu, dass der Bund bei Aktiengesellschaften – wie der Deutschen Post – keine Weisungen geben könne. Die Post wollte gestern auf Nachfrage nichts zur Kritik von Finanzminister Scholz sagen.