80 Jahre jung und noch immer Pläne
Weltenbummler Fritz Kortler war sein Leben lang auf Achse. Zur Ruhe gekommen ist er bis heute nicht. Nun widmet er sich seinem neuen Buch mit alten Zeichnungen aus dem Jemen
Vom heimatlichen Au der Start in die große Welt – so hat es Fritz Kortler bei all seinen zehn Reisen gehalten. Wieder zurück, verfasste er Text- und Bildbände, hielt Vorträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Letzteres hat er fast aufgehört. Doch der Eindruck, es werde ruhiger um den Globetrotter, der am heutigen Dienstag 80 Jahre alt wird, täuscht. Wie berichtet, hat er kürzlich das Buch „Fernweh“veröffentlicht, in dem er nochmals auf seine erste Reise – die Fahrraddurchquerung Afrikas (1958-1961) mit Franz Krieger aus Krumbach – zurückkommt.
Was es mit dieser Idee auf sich hat, erklärt er so: „Es ist mir wichtig, zu den Anfängen zurückzukehren, damit sich der Kreis schließt.“Das klingt geradezu philosophisch. Und tatsächlich: Fritz Kortler, der als Beruf „Weltreisender“angibt, begreift seine von Tatendrang und Wissensdurst begleitete Reisetätigkeit im Rückblick auch als Zeit der Entwicklung. Er sagt: „Als Zwanzigjährige wollten wir uns beweisen. Später, bei meiner zweiten Indienreise, kam die Spiritualität hinzu.“
Er lernte den Benediktinermönch Bede Griffiths kennen, der den Shantivanam-Ashram in Südindien, eine Art Kloster, leitete. Durch ihn habe er sich seiner christlichen Wurzeln besonnen, so Kortler. Bis heute trifft er sich mit Griffiths Schüler, Bruder John Martin. Was er von ihnen auch übernommen hat, ist die Idee einer Versöhnung der großen Weltreligionen.
Zum Titel „Fernweh“seines jüngsten Buches sagt er: „Ich habe immer nur Fernweh gehabt, Heimweh eigentlich nie.“Nur einmal, als sie bei ihrer Afrikatour einen Abstecher nach Madagaskar gemacht haben, hätte sie für einige Momente „der Moralische“gepackt – angesichts der trostlosen Region. Für Weidezwecke wurden dort ganze Wälder abgebrannt, nur die Stümpfe ragten noch empor.
Als Kortler mit seinem Freund Franz Krieger, der nicht mehr lebt, 1958 die sorgfältig geplante Afrikareise angetreten und sich damit seinen Kindheitstraum erfüllt hat, war es tatsächlich ein Aufbruch ins Ungewisse. Kortler hatte Krieger während seiner Ausbildung zum technischen Zeichner – worin er Talent hatte – kennengelernt. Es war eine andere Zeit, in der Afrikareisende Tropenhelme trugen und auf dem schwarzen Kontinent eine Sensation darstellten. Die beiden fanden überall gastfreundliche Aufnahme.
Kortler hat auch den Nahen Os- ten bereist – und versteht, warum dort Krieg herrscht: „Man muss die Vorgeschichte kennen. Für die Länder wurden willkürliche Grenzen gezogen.“Und die dunkle Seite im Menschen, die es auch gebe, könne unter gewissen Konstellationen die Oberhand gewinnen. Dass sich die von ihm so positiv erfahrene Mentalität der Völker dort binnen eines halben Jahrhunderts radikal verändert hat, glaubt er nicht. Der Nahe Osten fühle sich gegenüber dem Westen teils benachteiligt. „Das kann zu Gewalt führen“, so der nun 80-Jährige.
Insgesamt fünf Jahre hat Kortler in arabischen Staaten verbracht, sich zu verständigen gelernt und eine Gastfreundschaft genossen, „die nirgends so hochgehalten wird wie dort“. Er erinnert sich: „Ich bin überall zurechtgekommen, mit ge- genseitigem Respekt und der Sprache des Herzens.“Sogar das Vertrauen der Beduinen im Südjemen (1975-1976) konnte er gewinnen.
Während er mit diesen umherzog, entdeckte er Hunderte von bislang unbekannten Zeichen und Skizzen aus sabäischer Zeit. Die etwa 2700 Jahre alten Malereien fotografierte und zeichnete er ab und gab sie zur Auswertung an die Forschung weiter. „Sie haben eine Lücke in der altarabischen Geschichte geschlossen“, so Kortler. Jetzt wurde er gefragt, ob er die prähistorischen Entdeckungen in einem Buch veröffentlichen wolle. Es ist sein nächstes Projekt.
Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen, heißt eine Redensart. Fritz Kortler zieht immer noch Stoff aus seinen Reisen, über die er sorgfältig Tagebuch geführt hat. „Ich fühle mich beschenkt und habe immer eine schützende Hand über mir gespürt“, sagt er. Ein Leben lang Weltreisender zu sein, habe er nie bereut.
Geburtstag gefeiert wird mit den Familien seiner beiden Schwestern und dem einen oder anderen Gast aus der Fangemeinde. Ihr gehört auch Ex-Bundesminister Theo Waigel an, der über die Afrikatour in Krumbacher Zeitungsberichten erfuhr und seither Kontakte zu Kortler pflegt – auch von Buchautor zu Buchautor.
Auf die Frage, ob Kortler denn nicht manchmal um sein Leben gebangt habe, wird aus dem bedachten Schriftsteller sofort wieder der risikobereite, abenteuerfreudige Globetrotter: „Das ist eben die Kunst, eine echte Gefahr nicht mit einer eingebildeten zu verwechseln.“