Vom Helfer zum Opfer
Ein Feuerwehrmann ist in Vöhringen von einer Radfahrerin geohrfeigt worden. Ein Einzelfall?
Diese Vorfälle werden den Feuerwehrlern wohl in Erinnerung bleiben: Am Rande des Jubiläums, das der Sportclub Vöhringen am Wochenende feierte, verpasste eine ältere Frau einem Feuerwehrmann eine Ohrfeige. Dieser hatte sie nicht durch ein Gebiet fahren lassen, das wegen des Feuerwerks gesperrt war. Und auch beim Spendenlauf „Run-Bike-Rock“Anfang des Monats mussten Einsatzkräfte mit einzelnen Anwohnern über Straßensperren diskutieren – einmal so heftig, dass die Polizei den Streit schlichten musste.
Das sind keine Einzelfälle. Immer häufiger werden in Bayern Einsatzkräfte Opfer von Gewalt. Das hat das bayerische Innenministerium bereits 2016 berichtet. Das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Rund 65 Prozent der Einsatzkräfte in NRW sind 2017 mindestens einmal beleidigt, bedroht oder körperlich attackiert worden. Wie sieht die Situation in der Region aus?
Kreisbrandrat Bernhard Schmidt gibt Entwarnung: Fälle körperlicher Ausschreitungen seien selten. Es sei eher verbale Gewalt, die Feuerwehrleuten begegne – besonders bei Verkehrsabsicherungen, etwa nach einem Unfall oder während Heimatfesten. Viele Autofahrer zeigten sich uneinsichtig und stellten die Kompetenz der Einsatzkräfte infrage. Vor einigen Jahren wurde ein Feuerwehrmann in Au geohrfeigt, weil er einen Autofahrer nicht durch eine Absperrung lassen wollte, erinnert sich Schmidt. In Pfaffenhofen habe ein Mann am Steuer einen Kameraden genötigt, ihn durchzulassen, indem er nicht gebremst habe. Solche Aktionen sind für Schmidt unverständlich. Bei Brandeinsätzen hingegen könne er Vorwürfe und Streit eher nachvollziehen. Menschen, deren Haus brennt, befänden sich in einer emotionalen Ausnahmesituation. Werde das Maß überschritten, dürfe jedoch keine Toleranz gezeigt werden. Schmidt rät Betroffenen, solche Fälle dem Vorgesetzten zu melden. Bei körperlicher Gewalt sollte unverzüglich die Polizei eingeschalten werden. Grundsätzlich hat Schmidt nicht den Eindruck, dass es häufiger zu Gewalt gegen Einsatzkräfte komme als früher. Schon vor zehn Jahren seien Feuerwehrleute beleidigt worden. Heute könnten sie aber durch strengere Gesetze besser gegen Straftäter vorgehen. Generell schätzt er die Lage in der ländlichen Region friedlicher ein als in Großstädten.
Notarzt Rudolf Brachmann aus Buch hat in seinen 30 Dienstjahren häufig verbale Gewalt erlebt. Vor allem bei nächtlichen Einsätzen in Bierzelten oder auf Dorffesten werde man häufig angepöbelt und beleidigt, sagt er. Wenn er zu Schlägereien und Fällen von häuslicher Gewalt gerufen werde, warte er ab, bis die Polizei vor Ort ist, denn: „Zuerst muss die eigene Sicherheit gewährleistet sein.“Im Bierzelt erhalte ein Rettungstrupp Unterstützung von Securitys. Aus Brachmanns Sicht nahm die Gewaltbereitschaft in den vergangenen Jahren zu. Die Leute würden rüpelhafter und distanzloser. Aber auch er schätzt die Lage in der Region als noch harmlos ein.
Was den Vöhriger Fall angeht: Die Radfahrerin muss sich auf eine Strafanzeige wegen Körperverletzung einstellen.