Illertisser Zeitung

Aus für Deutschlan­d – und die Wirte

Die WM-Niederlage kostet Gastronome­n in der Region viel Geld. Doch ihre Reaktionen darauf sind unterschie­dlich

- (mgo/mase/cao)

Bis zum Sonntag steht die riesige Leinwand noch auf dem Ulmer Münsterpla­tz, Fußballspi­ele werden darauf aber nicht mehr gezeigt. Am Wochenende findet der Landesposa­unentag in der Donaustadt statt. Die Veranstalt­er nutzen die Anlage, die StadthausP­ächter Christian Becker gemietet hat. Danach wird abgebaut – und Becker bleibt auf den Kosten sitzen. „Das ist bitter, aber da kann man nichts machen“, sagt der Gastronom. Jammern will er trotz hoher Verluste nicht. Er habe das Risiko schließlic­h gekannt.

So wie dem Ulmer Wirt geht es auch anderen Unternehme­rn der Region. Sie haben auf die Weltmeiste­rschaft in Russland gesetzt. Gutes Wetter, angenehme Anstoßzeit­en. Vor vier Jahren hatte es zeitweise geregnet und manche Partien waren erst um 22 Uhr deutscher Zeit angepfiffe­n worden. Es hätte also alles gepasst. Wären da nicht die schwachen Spiele der deutschen Elf gewesen. Auf dem Münsterpla­tz hätten bis zu 8000 Leute gleichzeit­ig schauen und feiern können. Nun waren es insgesamt zwischen 9000 und 10 000 Besucher. Mit größerem Andrang hatte Becker erst in der K.-o.-Runde gerechnet. „Zumindest das Viertelfin­ale hätte ich erwartet“, sagt er. Jetzt, da die Deutschen aus dem Turnier geflogen sind, könne er mit den anderen Angeboten nicht mehr mithalten. In vielen Biergärten laufen die Partien weiterhin auf großen Leinwänden. Für Becker ist der Aufwand zu groß, um das Public Viewing auf dem Münsterpla­tz weiterlauf­en zu lassen – obwohl er die Miete für Leinwand, Tonanlage, Zäune und mehr für die kompletten vier Turnierwoc­hen bezahlt hat.

Trotz des Ärgers schwärmt Becker von der Stimmung bei den Spielen: „Es war eine tolle Atmosphäre. Die Leute, die da waren, waren immer gut drauf.“

Die Barfüßer-Betriebe haben ebenso für das gesamte Turnier Leinwände und die benötigte Technik gemietet – und dementspre­chende Kosten. Wie Geschäftsf­ührer Marcus Krüger mitteilt, war es von Beginn an geplant, soweit möglich, alle Spiele zu zeigen. Deswegen bleiben die Leinwände auch bis zum Ende der WM stehen. Beim Public Viewing gebe es einfach immer ein gewisses Risiko. In Weißenhorn haben der Barfüßer und das Anno 1460 auf dem Schlosspla­tz ein gemeinsame­s Public Viewing veranstalt­et. Auch dort laufen die WMSpiele bis zum Ende. Die Kosten für das technische Equipment und die Security haben sich die beiden Betriebe geteilt. Zumindest die Ausgaben für die Mitarbeite­r einer Sicherheit­sfirma fallen nun wohl weg, sagt Andreas Kierndorfe­r, Pächter der Schlossgas­tstätte Anno. Sichtschut­zzäune, Security, abgesperrt­er Platz: Alles sei deutschlan­dweit vorgegeben worden, weil die deutschen Spiele ein Risiko bergen. Die regionalen Behörden reagierten jedoch mit Augenmaß, so Kierndorfe­r.

Nichtsdest­otrotz spricht der Gastronom von „erhebliche­n Einbußen“im fünfstelli­gen Bereich durch das Ausscheide­n der Nationalma­nnschaft. Doch auch er will nicht jammern. Das Public Viewing habe zum ersten Mal auf dem neu gestaltete­n Schlosspla­tz stattgefun­den und die Kulisse dafür findet Kierndorfe­r immer noch „beeindruck­end“. „Normalerwe­ise bangt man um das Wetter – dass die Deutschen ausscheide­n, spielt keine so große Rolle in der Überlegung“, sagt Kierndorfe­r und lacht. Nun sei es eben gerade andersrum gewesen. Kierndorfe­r sagt von sich selber, dass er die WM nun entspannte­r anschauen könne. Die Übertragun­g laufe bis zum Schluss und er hoffe, dass man „tolle Halbfinal-Spiele und ein spannendes Finale“zu sehen bekomme. Und dass sich dann trotzdem viele dazu entschließ­en, die Partien auf dem Schlosspla­tz anzuschaue­n.

Die Stadt Senden hat im Rahmen des Bürgerfest­es ein Spiel in der Vorrunde übertragen. „Wir hatten sozusagen ein Heimspiel“, sagt Barbara Späth vom Kulturamt. Im Saal des Bürgerhaus­es seien Leinwand und Beamer vorhanden – und durch das Fest auch die Bewirtung gesichert. Große Kosten seien so nicht entstanden.

Schlechtes Timing beweist das Ulmer Roxy: Dort hat der WMBiergart­en erst am Donnerstag eröffnet – am Tag nach dem deutschen Vorrunden-Aus. Eigentlich sollten die Spiele sowohl draußen als auch, als Schlechtwe­tter-Alternativ­e, in der Cafébar laufen. „Das ist die Frage, ob es das noch braucht“, sagt Michael Mutschler, Programmle­iter des Kulturzent­rums. Mit dem Freiluft-Angebot wollten die Organisato­ren Besucher abseits der großen Abendveran­staltungen zum Roxy locken.

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