Auf Diebestour im Badeanzug
Um Produkte aus verschiedenen Geschäften zu schmuggeln, haben drei Männer zu einem ungewöhnlichen Trick gegriffen. Doch das Gericht kann dem einzigen Angeklagten nicht alles nachweisen
Ein rumänisches Trio hatte in Illertissen Frauen-Badeanzüge unter der Kleidung, als es erwischt wurde. Damit wollten die Männer ihr Diebesgut möglichst eng am Körper und damit unauffällig unter voluminösen Jacken verstecken. Das sagte ein ermittelnder Beamter vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Memmingen aus. Ein 31-Jähriger aus dem Trio wurde wegen schwerem gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.
Damit hat der Rumäne noch Glück: Ursprünglich lautete die Anklage auf schweren Bandendiebstahl mit einer Mindeststrafe von einem Jahr pro Delikt. Doch zu dieser Verurteilung reichte die Beweislage nicht, wie Vorsitzender Richter Markus Veit feststellte. Der Angeklagte hatte am ersten Verhandlungstag, wie berichtet, lediglich fünf Diebstähle eingeräumt, die er allein begangen haben will.
Im Dezember vergangenen Jahres wurde in Senden und Illertissen eine ganze Serie von Ladendiebstäh- len angezeigt. In Illertissen wurde das Trio bei einem weiteren Tatversuch erwischt. Ein Beamter der alarmierten Polizei entdeckte einen Verdächtigen, als er in einen Kleinwagen stieg, der mit durchdrehenden Rädern einen Parkplatz am Bahnhof verlassen wollte. Der Beamte verhinderte die Flucht, indem er sich vors Auto stellte, wie er in der Verhandlung sagte. Im Kofferraum wurden diverse Artikel, darunter Kleidung, Werkzeug und Parfüm entdeckt. Doch damit begannen die Probleme erst, denn es dauerte, bis ein Ermittler der Illertisser Polizei die Herkunft der Waren klären konnte. Inzwischen hatte ein Staatsanwalt die Verdächtigen gegen eine Sicherheitsleistung von 200 Euro wieder auf freien Fuß gesetzt, da kein ausreichender Haftgrund vorlag: Ein konkreter Diebstahl war dem Trio zu diesem Zeitpunkt nicht nachzuweisen. Das gelang erst Tage später, als der 31-jährige Angeklagte eher zufällig erneut der Polizei ins Netz ging. Der Rumäne war mit dem Zug von München nach Salzburg unterwegs und wurde bei Traunstein von der Schleierfahndung geschnappt. Im Gepäck hatte der 31-Jährige nicht nur diverses Diebesgut, sondern auch die Sicherstellungsliste aus der Illertisser Festnahme.
Damit war für ihn Untersuchungshaft fällig. Für die ermittelnden Polizisten war der Fall klar: „Das sah nach professionellem Vorgehen aus.“
Ihren Erkenntnissen nach gehen die Rumänen jeweils arbeitsteilig vor. Einer deckt den Komplizen, wenn der die Ware einsackt und steht Schmiere, der Dritte wartet im Auto.
Die Badeanzüge, die die Männer in Illertissen unter der Jacke trugen, begründeten sie mit angeblichen Rückenproblemen. Die beiden als Zeugen geladenen Polizisten gaben sich am Rande der Verhandlung keinen Illusionen hin: Der Angeklagte werde den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.
Der Nachweis des gewerblichen, gemeinschaftlichen Diebstahls war für Michael Bogdahn, Rechtsanwalt des Angeklagten, nicht erbracht. Dazu fehlten unter anderem die weiteren Täter sowie schlüssige Beweismittel wie Videoaufnahmen.
Staatsanwalt Sebastian Murer beantragte angesichts der zahlreichen Delikte und der gestohlenen Waren wegen gewerblicher Tatausführung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monate auf Bewährung – wegen des Geständnisses und weil der Angeklagte nicht vorbestraft ist. Anwalt Bogdahn sah lediglich den mehrfachen Diebstahl als erwiesen und plädierte auf ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Damit kam er beim Schöffengericht nicht durch, das im Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprach. „An Vorurteilen gegen Rumänen, die nur zum Klauen nach Deutschland kommen, sind Sie stark beteiligt“, sagte Richter Veit zum Angeklagten.
So dumm sei die deutsche Justiz auch nicht, man wisse, dass der Angeklagte zum Stehlen gekommen sei. Es sei bekannt, dass die Rumänen ein armes Volk seien, doch es gebe auch andere Möglichkeiten, Geld zu verdienen.
Der Angeklagte habe durch den Diebstahl sechs Monate seines Lebens in Untersuchungshaft eingebüßt. Die Strafe von einem Jahr und zehn Monaten zeige, dass es keine Bagatelle sei. Richter Veit warnte den Rumänen, dass er nicht mal mehr einen Kaugummi klauen dürfe, sonst müsse er die Strafe absitzen.