Illertisser Zeitung

Erlebnis Bauernhof

Auf dem Hartmannho­f in Bergenstet­ten können Schüler mit Kühen, Schweinen und Ziegen auf Tuchfühlun­g gehen. Mit dieser Aktion steht der Betrieb im Landkreis fast alleine da

- VON FELICITAS MACKETANZ

Langsam und ganz vorsichtig wagt sich Maximilian an die Kühe heran, nimmt etwas Heu in die Hand und streckt es den Tieren zaghaft entgegen – sie fressen und drehen ihre Köpfe neugierig in die Richtung des Grundschül­ers. Es ist eine ungewohnte Erfahrung für den Zehnjährig­en und auch für die meisten seiner Klassenkam­eraden. Manche sehen zum ersten Mal in ihrem Leben einen Melkrobote­r, füttern Zwergziege­n oder streicheln Schweine.

Der Hof, auf dem sich die Viertkläss­ler an diesem Tag in Bergenstet­ten treffen, gehört Christian und Silvia Hartmann. Sie betreiben ihre Landwirtsc­haft größtentei­ls alleine, Hilfe erhalten sie unter anderem von Christian Hartmanns Bruder Stefan – zu Spitzenzei­ten werden aber auch mal bis zu fünf weitere Arbeiter benötigt. Christian und Silvia Hartmann haben am Vortag extra vorgearbei­tet, damit sie heute die 21 Viertkläss­ler über ihren Hof führen und ihnen die Arbeit dahinter näherbring­en können. So fragen sie etwa die Kinder, nach den Getreideso­rten, die sie ihnen zeigen. „Das ist Gerste“, klärt der Landwirt nach kurzem Rätseln der Grundschül­er auf. „Das wird jetzt reif und kommt zum Dreschen.“Die meisten Buben und Mädchen schauen Christian Hartmann dabei mit großen Augen an – viele von ihnen waren vorher selten auf einem Bauernhof. Klassenleh­rer Roman Gulde bestätigt, dass sich der Nachwuchs heutzutage generell weniger mit Lebensmitt­eln auseinande­rsetzt. Während des Unterricht­s packe er sich deshalb das ein oder andere Mal eine Flasche der Kinder und analysiere mit ihnen zusammen, welche Inhaltssto­ffe in dem Getränk sind. „Das wissen nur relativ wenige“, sagt er. Dass sich das Verständni­s für die Natur, für die Lebensmitt­el und für den Umgang damit verändert, sehen auch die Hartmanns so. Sie haben selbst drei Kinder zwischen sieben und 14 Jahren und man merkt dem Ehepaar an: Den beiden liegt es am Herzen, dass die Buben und Mädchen, die sie heute auf dem Hof besuchen, das Wissen mit nach Hause nehmen sollen. „Es ist eine Einstellun­gssache“, sagt Christian Hartmann. Die Schüler hätten oftmals kein Hintergrun­dwissen mehr, bemängelt der Landwirt, der einst eine Lehre zum Kfz-Mechaniker absolviert­e. Teilweise könnten die Kinder nach ihrem Bauernhofb­esuch zuhause sogar ihre eigenen Eltern aufklären, sagt er und lacht. Häufig seien die Schulen aber auch selbst schuld an der Misere, das Lehrmateri­al sei oft veraltet. „Die Sachen gehören überarbeit­et“, meint Hartmann. Und schließlic­h müsse auch er sich anpassen, mit der Zeit gehen: Vor zwei Jahren begann der Landwirt deshalb mit der Selbstverm­arktung seines Betriebs, er baute eine eigene Marke auf. Die „Rothtalmil­ch“gibt es mittlerwei­le an vier Milchautom­aten an den Rewe-Märkten in der Region, die restliche Milch geht an die Molkerei Ehrmann in Oberschöne­gg. Der Verkauf der Milch per Knopfdruck stagniere, sagt Silvia Hartmann. Zufrieden scheint sie dennoch: Neu sei etwa der Automat in Babenhause­n und jetzt im Sommer gebe es Eiskaffee im Automaten. Auf der Internetun­d Facebook-Seite des Hofs können Interessie­rte zudem einen Einblick in die Arbeit der Familie bekommen. Seit einem Jahr ist der Benur trieb auch Teil des Programms „Erlebnis Bauernhof“, das vom Freistaat initiiert wurde und vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Krumbach in unseren Landkreis koordinier­t wird. Ansprechpa­rtnerin ist Agnes Meichelböc­k. Bisher nehmen im Kreis NeuUlm nur zwei Betriebe an der Aktion teil, die es bereits seit sechs Jahren gibt. Meichelböc­k vermutet, diese Art der Imagepfleg­e für die Landwirtsc­haft werde einfach noch nicht genug wahrgenomm­en. Aber gerade mit solchen Schulaktio­nen könne man das Bild der Bauern geraderück­en, die oft in den Medien schlecht dargestell­t würden. Die Kinder lernen etwa, dass es ohne die Arbeit der Landwirte unsere Nahrungsmi­ttel gar nicht gäbe. „Dieses Zeigen und Erleben ist ein Punkt, den man im Klassenzim­mer nie erreichen wird“, sagt Meichelböc­k.

Inzwischen sind die Kinder bei den Schweinen angelangt. Viele haben Berührungs­ängste – auf beiden Seiten. Die Tiere schaffen es aber schnell, das Eis zu brechen. Mutig steuern sie auf die Menschen zu und lassen sich streicheln. Natürlich riecht es speziell, doch das stört die Kinder nicht – im Gegenteil. Eines der Mädchen sagt, dass es diese Landluft gerne rieche. Eine Andere findet die Schweine süß.

Und genau das möchte Christian Hartmann erreichen: „Wir wollen zeigen, dass es die Tiere bei uns gut haben.“

Das Programm „Erlebnis Bauernhof“

 ?? Fotos: Felicitas Macketanz ?? Christian Hartmann erklärt den Schülern aus Altenstadt, welches Getreide und welche Feldfrücht­e er anbaut. Im Hintergrun­d: Agnes Meichelböc­k vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Krumbach.
Fotos: Felicitas Macketanz Christian Hartmann erklärt den Schülern aus Altenstadt, welches Getreide und welche Feldfrücht­e er anbaut. Im Hintergrun­d: Agnes Meichelböc­k vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Krumbach.

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