Botschaften im Morgengrauen
Wie Donald Trump via US-Frühstücksfernsehen seinen Wählern den Brüsseler Gipfel anpreist. Doch selbst in der eigenen Partei wird er wegen der Deutschland-Beleidigungen angegriffen
Die Sonne an der amerikanischen Ostküste ging gerade auf, als Donald Trump in Brüssel vor die Kameras trat. Pünktlich zum Start der beliebten Frühstücksfernsehsendungen führte der US-Präsident seinen Siegestanz auf. „Er hat Fragen von Reportern aus aller Welt beantwortet“, schwärmte Ainsley Earhardt, die Ko-Moderatorin der Morning-Show „Fox & Friends“beim rechten Sender „Das war sehr transparent.“Ein wenig wunderte sie sich zwar, ob nun die NatoVerbündeten tatsächlich plötzlich alle ihre Verteidigungsausgaben erhöhen. Aber insgesamt schien sie begeistert: „Der Präsident hat gezeigt, wie wichtig und stark unser Land ist.“
Genau so hatte das Trump wohl geplant, als er nach seinen Ausfällen gegen die Nato-Partner und vor allem Deutschland überraschend eine Pressekonferenz ansetzte – als Erfolgsbotschaft an seine heimische Wählerbasis. Doch nicht überall in den USA kam Trumps Auftritt vor den Alliierten so gut an. „Er hat sich wie ein Schläger benommen“, kritisierte Ex-CIA-Chef Michael Hayden kurz darauf beim Konkurrenzsender Und Julianne Smith, eine Beraterin des ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, twitterte: „Wie lange werden die europäischen Verbündeten bereit sein, die Rolle des Dummkopfs in Trumps Reality-TV-Show zu spielen?“
Schon am Mittwoch waren vor allem Trumps Ausfälle gegen Deutschland auf massiven Widerspruch der Demokraten in den USA gestoßen. Der US-Präsident hatte behauptet, die Bundesrepublik werde wegen ihrer Gas-Geschäfte, deren Volumen er weit überzeichnete, von Russland „komplett kontrolliert“. Er habe nie einen Präsidenten erlebt, der etwas so Befremdliches und Kontraproduktives von sich gebe, konterte Ex-Außenminister John Kerry: „Das war schändlich, destruktiv und läuft den Interessen der USA komplett entgegen.“
In einer gemeinsamen Stellungnahme gingen auch der Chef der Demokraten-Fraktion im Senat, Chuck Schumer, und Nancy Pelosi, die Oppositionsführerin im Repräsentantenhaus, den Präsidenten scharf an: „Trumps unverschämte Beleidigungen und Verunglimpfung von Deutschland, einem der standhaftesten Verbündeten der USA, sind peinlich“, erklärten sie.
Viele Beobachter in den USA fühlten sich bei Trumps demonstrativem Deutschland-Bashing an eine Szene aus dem Wahlkampf 2016 erinnert. Da hatte Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ihren Gegner als Marionette Russlands bezeichnet. „Ich bin keine Marionette. Keine Marionette. Sie sind die Marionette!“, konterte Trump damals. Wegen der russischen Einmischung in den US-Wahlkampf steht der Präsident seither unter Druck. Gleichwohl hat er sich noch nie zu einem kritischen Wort über den russischen Präsidenten Wladimir Putin verleiten lassen, den er am Montag in Helsinki treffen wird. Insofern, analysieren amerikanische Medien, könnte die lautstarke Beschuldigung Deutschlands ein Ablenkungsmanöver gewesen sein.
Selbst einigen Republikanern geht das zu weit. „Ich stimme damit nicht überein“, widersprach der republikanische Senator Orrin Hatch den Deutschland-Beleidigungen Trumps. Zwei Kongressbeschlüsse vom Mittwoch belegen das wachsende Unbehagen auch anderer Republikaner, die den Präsidenten freilich nie offen kritisieren: So bekannte sich der Senat mit 97 zu zwei Stimmen eindeutig zur Beistandsverpflichtung der Nato. Mit einer ebenfalls deutlichen Mehrheit von 88 zu elf Stimmen verlangte die Kammer, dass Trump die Verhängung von Strafzöllen gegen Mexiko, Kanada und Europa vom Parlament billigen lassen muss. Diese Resolutionen dürften Trump ärgern. Doch sie binden ihn nicht.
„Das war schändlich, destruktiv und läuft den Interessen der USA komplett entgegen.“
Ex Außenminister John Kerry