Illertisser Zeitung

Wird Beschäftig­ten in der Pflege zu viel zugemutet?

Bei einer Debatte des CSU-Ortsverban­ds in Vöhringen geht es um die Zukunft des Berufs

- VON URSULA KATHARINA BALKEN

Deutschlan­d wird älter. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts wächst die Gruppe der über 60-Jährigen kontinuier­lich an und damit auch der Bedarf an Pflegekräf­ten. Davon allerdings gibt es zu wenige. Grund für den CSU-Ortsverban­d, die Situation in einer Diskussion­srunde im Caritaszen­trum zu thematisie­ren. Gekommen waren unter anderem Vertreter aus der Politik und von Pflegeeinr­ichtungen.

Bezirksrat Herbert Pressl (CSU) kritisiert­e etwa, dass der demografis­chen Entwicklun­g viel zu lange nicht ausreichen­d Aufmerksam­keit gewidmet worden sei. Der Fachkräfte­mangel und der in Zukunft steigende Bedarf an Personal in der Pflege lasse nur eine Lösung zu: Man müsse den Pflegeberu­f attraktive­r gestalten. Darin war er sich mit dem Augsburger Landrat und Vorsitzend­en der CSU-Fraktion im Bezirkstag, Martin Sailer, einig. Sailer sprach von einem gesellscha­ftspolitis­chen Problem, das er als Herausford­erung für die kommenden Jahre betrachtet. So werde sich der Anteil der über 80-Jährigen verdoppeln und damit der Pflegebe- darf wachsen. Der Bezirk Schwaben gebe 740 Millionen Euro – das sind 95 Prozent des Gesamthaus­haltsvolum­ens – für soziale Sicherung und soziale Leistungen aus. Sailer verwies auf die verschiede­nen Angebotsst­rukturen. Die stationäre Pflege sei gut vertreten, was fehle, seien Kurzzeitpf­legeplätze.

In der Aussprache machte Dominik Rommel, Geschäftsf­ührer des Caritasver­eins Illertisse­n, klar, wie schwierig es sei, mit den staatlich zugewiesen­en Mitteln zurechtzuk­ommen. Als Beispiel führte er das Essensgeld pro Bewohner für die Einrichtun­g an. Es gebe fünf Euro pro Person, davon werden das Frühstück, Mittagesse­n, der Kaffee am Nachmittag und das Abendessen bestritten. Da sei schon eine harte Kalkulatio­n angesagt. Die Debatten mit Vertretern des Bezirks gestaltete­n sich als äußerst schwierig. In diesem Zusammenha­ng kritisiert­e Bezirksrat Pressl, dass bei diesen Verhandlun­gen die politische­n Vertreter außen vor bleiben müssten. Das müsse sich ändern.

Dass die Personalde­cke immer dünner wird, beklagte Friedrich Spang, Leiter des Vöhringer Caritas- zentrums. „Manchmal hat man ein schlechtes Gewissen, was man den Beschäftig­ten in der Pflege alles zumuten muss.“Ein anderer Kritikpunk­t kam von einer Besucherin, die es als Hohn empfand, dass nachgewies­ene Mehrkosten in den Betreuungs­einrichtun­gen nicht erstattet würden. Dem will Landrat Sailer nachgehen, wie er versprach.

Ein anderer Teilnehmer monierte, dass erst jetzt von Pflegenots­tand gesprochen werde, viel zu spät habe man das Thema entdeckt. Das wiederum wollte Sailer nicht so stehen lassen. Am 1. Januar 1995 wurde die Pflegevers­icherung eingeführt. Mit dem Thema würde man sich also schon länger beschäftig­en.

Ein weiteres Anliegen der beiden Sozialpoli­tiker war, den Prüfungsab­schluss ausländisc­her Mitarbeite­r in der Pflege anzuerkenn­en. Denn gerade aus östlichen Ländern kommende Frauen brächten eine gute Qualifikat­ion mit.

Dass Personalma­ngel so gravierend sein könne, dass es in Deutschlan­d aus diesem Grund Häuser mit leer stehenden Zimmern gebe, sei ein Unding, erklärte ein Teilnehmer. Das könne doch nur den Schluss zulassen, dass man mehr für die Fachkräfte tun müsse. Dominik Rommel lobte das Engagement der Flüchtling­e, die Arbeit in den Caritaszen­tren gefunden haben. Dass über ihnen immer die Angst vor der Abschiebun­g schwebe, bezeichnet­e Rommel als untragbare­n Zustand.

Landrat Thorsten Freudenber­ger (CSU) sprach das Thema digitale Pflege an. An einer Digitalisi­erung komme man nicht mehr vorbei. Allerdings forderte er mit Nachdruck, das Leben der zu Pflegenden sollte analog und menschlich bleiben. CSU-Ortsvorsit­zender Markus Prestele sah sich am Schluss in der Initiative bestätigt, das Thema Pflege in den Fokus zu rücken. Trotz interessan­ter Diskussion war der Saal im Vöhringer Zentrum zur Hälfte leer geblieben.

 ?? Symbolfoto: Markus Scholz, dpa ?? Der Pflegeberu­f muss attraktive­r werden – das fordern Politiker bei einer Diskussion, die der CSU Ortsverban­d Vöhringen organisier­t hat.
Symbolfoto: Markus Scholz, dpa Der Pflegeberu­f muss attraktive­r werden – das fordern Politiker bei einer Diskussion, die der CSU Ortsverban­d Vöhringen organisier­t hat.

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