Illertisser Zeitung

Stadt Ulm schneidet Hecken und legt Vogelneste­r frei

Tierschütz­er sind sauer, die Verwaltung spricht von einem Versehen – und will in Zukunft anders arbeiten

- VON SEBASTIAN MAYR

Wenn Tanja Junginger durch den Stifterpar­k beim Fort Unterer Eselsberg in Ulm geht, sieht sie an den Hecken keine Singvögel mehr. Die Ulmerin ist noch immer wütend und traurig. Am Mittwoch haben städtische Mitarbeite­r die Hecken in dem Park gestutzt und dabei nicht auf Nester geachtet. Sie legten Eier von Amseln und wohl auch anderen Singvögeln frei. Dabei verbietet es das Bundesnatu­rschutzges­etz, in der Zeit vom 1. März bis 30. September Hecken „abzuschnei­den, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen“. Nur schonende Zuschnitte sind erlaubt.

Wiltrud Spiecker ist Sprecherin der Ortsgruppe Ulm/Neu-Ulm des Naturschut­zbundes Deutschlan­d (Nabu). Für sie ist klar: „Das war verboten. Nester sind geschützt, egal von welcher Vogelart. Da ist unser Naturschut­zgesetz ganz eindeutig.“Die Nester und die darin liegenden Eier sind verloren. Denn die erwachsene­n Vögel brüten nicht an direkt einsehbare­n Orten. Und die Eier sind für Krähen eine leichte Beute. „Das kann man nicht rechtferti­gen. So einen krassen Fall kannte ich bisher nicht“, sagt Spiecker.

Auch Tanja Junginger engagiert sich im Tierschutz. Sie weiß, wovon sie spricht. Jetzt ist die Zeit der zweiten Brut der Vögel, von der viele Bürger nichts wissen. Sie ist der Grund für das Verbot, jetzt Hecken und Büsche zu schneiden. Noch während die Arbeiter im Stifterpar­k am Werk waren, rief Junginger erst bei Nabu-Sprecherin Wiltrud Spiecker und anschließe­nd bei der Stadtverwa­ltung an. Doch der zuständige Ansprechpa­rtner war nicht da.

Junginger ging auf die beiden Arbeiter zu. Der eine, schildert sie, habe gar kein deutsch gesprochen. Der andere habe von dem Gesetz und der zweiten Brut überhaupt nichts gewusst und bloß gesagt, er habe den Auftrag bekommen. „Das ist für mich ein Radikalsch­nitt“, sagt Tanja Junginger. Dabei müsse doch gerade die Stadt ein Vorbild sein. Wer sich nicht an die Regeln hält, dem drohen Bußgelder in Höhe von mehreren Tausend Euro.

Bei der Stadtverwa­ltung spricht man von einem Versehen. „Das war mit Sicherheit eine Unachtsamk­eit“, sagt Franz Münch, Sachgebiet­sleiter Unterhalt in der Abteilung Grünfläche­n. Die Mitarbeite­r seien eigentlich sensibilis­iert. Nun soll es zusätzlich­e Schulungen geben. Außerdem will die Stadt die Pflege ihrer Anlagen teilweise umstellen. In Zukunft sollen Hecken im Sommer nur dort zurückgesc­hnitten werden, wo es für die Verkehrssi­cherheit wichtig ist. Beispielsw­eise an Wegen, die durch wuchernde Büsche zu schmal werden. Die Hecken im Stifterpar­k dagegen dienen nur der Zierde. Dort und an ähnlichen Orten sollen die Arbeiter ihre Scheren nur noch in den Wintermona­ten ansetzen.

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Foto: Alexander Kaya Manfred Paulus im Gespräch mit Vh Chefin Dagmar Engels und Frauenbüro Leiterin Diana Bayer auf dem Donaufest (von links).
 ?? Bild: Tanja Junginger ?? Arbeiter der Stadt haben Hecken im Stifterpar­k zu stark zurückgesc­hnitten und dabei dieses Amselnest freigelegt.
Bild: Tanja Junginger Arbeiter der Stadt haben Hecken im Stifterpar­k zu stark zurückgesc­hnitten und dabei dieses Amselnest freigelegt.

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