Feuert Seehofer den Verfassungsschutz Chef?
Hans-Georg Maaßen steht wegen seiner Chemnitz-Äußerungen enorm unter Druck. Heute Abend entscheidet sich die Karriere des umstrittenen Behörden-Präsidenten. Die Affäre im Überblick
Verfassungsschutzchef HansGeorg Maaßen stellte sich mit einer eigenmächtigen Einschätzung der Ereignisse in Chemnitz vergangene Woche kühn gegen Kanzlerin Angela Merkel, die zuvor scharf die rechtsextremen Vorfälle verurteilt hatte und dabei auch von Hetzjagden auf Ausländer sprach. Doch Maaßen kann keine Beweise für seine Thesen vorlegen, sondern rudert sogar zurück. Ist Maaßen noch im Amt zu halten?
1Maaßen hatte in der vom vergangenen Freitag erklärt, er teile „die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz“. Insbesondere zog er die Echtheit eines Videos infrage, auf denen eine Gruppe von Männern bedrohlich und mit fremdenfeindlichen Rufen einige Meter zwei ausländisch aussehenden Männern hinterherrennt: „Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist“, sagte Maaßen und fügte hinzu: „Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken.“Inzwischen erklärte die Generalstaatsanwaltschaft, dass sie zu diesem Zeitpunkt das Video längst für echt gehalten habe. Auch mehrere Medien wiesen die Echtheit des Videos nach. Eine Sicherheitsfirma feuerte inzwischen einen auf dem Video erkennbaren Mitarbeiter. Laut Medienberichten soll auch Maaßen in seinem von Innenminister Seehofer angeforderten Bericht die Echtheit des Videos eingeräumt haben, aber dessen Veröffentlichung durch Medien „unseriös“genannt haben. Laut einem Bericht der hatte der Bundesverfassungsschutz vor Erscheinen von Maaßens
das Video überhaupt nicht geprüft. Kritiker nehmen Maaßen besonders übel, dass er wohl ohne Fakten von einem Ablenkungsmanöver von dem Mord an einem 35-jährigen Chemnitzer gesprochen hat. Maaßen steht zudem unter Druck, nachdem er mehrfach AfDSpitzenpolitiker wie Ex-Chefin Frauke Petry und den Vorsitzenden Alexander Gauland in persönlichen Gesprächen beraten haben soll. Verfassungsschutzpräsidenten zu entlassen“, betont Gusy. „Der Innenminister entscheidet nach dem Ressortprinzip darüber in letzter Instanz.“Könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel per Richtlinienkompetenz die Entlassung erzwingen? Nur wenn Seehofer mitspielt: „Die Bundesregierung könnte theoretisch den Innenminister anweisen, den Verfassungsschutzpräsidenten zu entlassen, aber machen muss das dann der Innenminister“, betont Gusy. „In diesem Falle würde Herr Maaßen zum Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzt“, erklärt der Professor. Laut Beamtenversorgungsgesetz erhielte Hans-Georg Maaßen in diesem Fall bis zu drei Jahre lang 71,75 Prozent seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, danach die bis dahin erworbene Pension.
4Trotz der Rücktrittsforderungen und seinen umstrittenen Kontakten zur AfD stehen die Chancen des BundesverfassungsschutzPräsidenten, seinen Posten behalten zu können, nicht schlecht. Zum einen hat Bundesinnenminister Seehofer ihn nicht bereits am Dienstag gefeuert. Deshalb wird viel davon abhängen, wie sich Maaßen am Mittwochabend im Innenausschuss schlagen wird, wo er sich gegen scharfe Kritik von SPD, Grünen und Linken verteidigen muss. Überzeugt er dabei vor allem die Politiker der CDU wird der CSUChef Maaßen voraussichtlich im Amt behalten. Mehrere CDU-Innenpolitiker haben Maaßen mehr oder weniger deutlich den Rücken gestärkt. Selbst der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und baden-württembergische Landesinnenminister Thomas Strobl lobte Maaßen für die bisherige Zusammenarbeit: „Ich kenne ihn vor allem – und das meine ich ausschließlich positiv – als einen sehr korrekten und kenntnisreichen Beamten.“Sollte sich Maaßen aber in der nicht öffentlichen Krisensitzung des Innenausschusses um Kopf und Kragen reden, wird Seehofer wohl nicht zögern: Der CSU-Chef wird Maaßen entlassen, um vor der bayerischen Landtagswahl nicht selbst unter Druck zu geraten. Klarheit könnte dabei schon am Mittwochabend herrschen: Minister Seehofer wird selbst an der Sitzung teilnehmen. Bis auf die AfD wird die Kritik der Opposition an Maaßen auf jeden Fall anhalten.