Die Mutter der Carnac Freundschaft ist 95
Das Sprachengenie Annie Kriener wurde in Illertissen durch zwei Ereignisse bekannt
Die Illertisserin Annie Kriener – deren Name für die Städtepartnerschaft zu Carnac wie für die „Illerbombe“beim Fußball steht – ist 95 Jahre alt, und fit. Zu ihrer Geburtstagsfeier im Restaurant hat sie 17 Gäste begrüßt, wobei sie in Illertissen inzwischen ganze Familiengenerationen kennt. „Als ich groß wurde, hatte der Markt 3000 Einwohner und die meisten haben sich gekannt“, sagt sie.
In 95 Jahren hat die ausgebildete Dolmetscherin viele Veränderungen erfahren, bereits als Kind. Da ihre Mutter früh an Multipler Sklerose erkrankte, schickte sie ihr Vater nach vier Jahren Volksschule ins Internat: Erst in die Klosterschule in Tutzing, dann in die Schweiz, dann Sießen, Schwerpunkt Sprachen. Hitlers Machtergreifung und darauf folgende Kriegswirren sorgten dafür, dass die Schülerin an keinem Institut bleiben konnte: Sei es wegen Auflösung oder Flüchtlingsunterbringung.
Ab 1940 besuchte sie in Leipzig die Dolmetscherschule und machte dort ihren Abschluss in mehreren Sprachen. Dann holte sie das Militär ins Gefangenenlager nach Memmingen für die Übersetzung ausländischer Briefe. „Eine Aufgabe, die mir bald zu gefährlich wurde, sodass ich mich um Versetzung bemühte“, sagt Kriener. Sie kam als Dolmetscherin ins Lazarett nach Hohenschwangau. In guter Erinnerung bleibt ihr das Kriegsende mit der Übergabe an die Amerikaner: „Die Lazarettärzte waren feige und haben mich als Unterhändlerin vorausgeschickt.“Doch die damals 21-Jährige kam blendend zurecht und übersetzte weiterhin, bis sie nach Hause konnte. In Illertissen ging es – nach Prüfung auf eine etwaige Nazi-Vergangenheit – mit dem Dolmetschen bei den Amerikanern weiter. „Zu Kriegsende war einiges los“, fasst die Seniorin zusammen.
Rückblickend haben sie in Illertissen zwei Ereignisse bekannt gemacht, wobei eines wegen ihres chronischen Hustens ins Rollen kam. Kriener: „Mein Arzt empfahl mir den Aufenthalt am Meer und ich trat eine Kur im französischen Quibéron an.“Sie erfuhr von dessen Städtepartnerschaft zu Kempten, und dass das benachbarte Carnac Kontakte in die Alpenregion suchte. „Illertissen ist auch schön“, habe sie sich gedacht und darauf mit Carnacs Bürgermeister Christian Bonnet gesprochen. Es folgten Gespräche mit Illertissens Gemeindechef Hermann Kolb, bald war der ganze Stadtrat dafür und im Jahr 1972 war die Partnerschaft perfekt.
Als Kriener nach dem Tod ihres Vaters Jakob die Sportartikelfirma übernahm, rollten ihre Bälle 1954 erstmals für die Weltmeisterschaft: Die „Illerbombe“war geboren.