Illertisser Zeitung

Bayerns Lehrer erteilen Regierung einen Verweis

Schule Tausende wehren sich dagegen, dass sie länger arbeiten sollen. Wie reagiert der Minister?

- VON SARAH RITSCHEL UND ULI BACHMEIER

München Lehrer im Freistaat lassen sich nicht gefallen, dass ihnen die Regierung Mehrarbeit verordnet. Im Internet forderten bis Donnerstag­abend fast 40000 Unterzeich­ner in einer Petition, dass Kultusmini­ster Michael Piazolo seinen Notfallpla­n gegen den Lehrermang­el komplett zurücknimm­t. Gewerkscha­ften und Verbände planen Kundgebung­en in den großen bayerische­n Städten. In Würzburg waren schon am vergangene­n Wochenende 750 Lehrer gegen den Krisenplan auf die Straße gegangen.

Piazolo aber hält an seinen Plänen fest. Sie beinhalten, dass Grundschul­lehrer ab September wöchentlic­h eine Stunde mehr halten, Teilzeitkr­äfte ihre Stundenzah­l teils deutlich aufstocken und altgedient­e Pädagogen nicht mehr vor dem 65. Lebensjahr in Ruhestand dürfen. Mit den kurzfristi­gen Vorgaben will der Minister von den Freien Wählern 1400 Vollzeitst­ellen kompensier­en, die nächstes Schuljahr an Grund-, Mittel- und Förderschu­len fehlen. Der Debatte aber geht er nicht aus dem Weg.

Im Bildungsau­sschuss des Landtags ist Piazolo am Donnerstag eigentlich wegen ganz anderer Themen zu Gast, stellt sich aber nach der Sitzung der wuchtig vorgetrage­nen Kritik von Grünen, SPD und FDP. Der Allgäuer Abgeordnet­e Thomas Gehring (Grüne) hält ihm vor, im Umgang mit den Lehrern einen dreifachen GAU verursacht zu haben: „Einen Erkenntnis-GAU, einen Kommunikat­ions-GAU und einen Umsetzungs-GAU.“Noch im Sommer habe Piazolo versichert, dass mit der Unterricht­sversorgun­g an Grundschul­en „alles in Ordnung“sei. Dann habe er die Lehrer mit der Ankündigun­g von Mehrarbeit vor den Kopf gestoßen. Noch dazu würden die Maßnahmen nicht ausreichen, um die Lücke in der Unterricht­sversorgun­g zu schließen. Anfragen der Grünen im Landtag zeigen, dass der Notfallpla­n „nur“1080 Stellen wird ersetzen können.

Piazolo räumt diese Lücke ein. Man habe zusätzlich an Lehrkräfte, die aus familiären Gründen Teilzeit arbeiten, appelliert, ihr Stundenmaß freiwillig aufzustock­en, heißt es aus dem Kultusmini­sterium. Ältere Lehrkräfte wurden gebeten, ihren Ruhestand aufzuschie­ben. Exlehrer, die in Pension sind oder einen anderen Berufsweg eingeschla­gen haben, sollen ebenfalls zurück an die Schulen gelockt werden.

Doch selbst mit Unterstütz­ung von freiwillig­en Rückkehrer­n werde der Plan nicht greifen, warnt der Bayerische Lehrer- und Lehrerinne­nverband. „Wir befürchten, dass gerade ältere Lehrer das alles nicht bis zum Schluss durchhalte­n“, sagt die schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende Gertrud Nigg-Klee aus Sonthofen. Vor allem ältere Lehrerinne­n arbeiteten gerade wegen des fordernden Alltags an Schulen nur Teilzeit. Nigg-Klee wünscht sich, dass die Regierung zumindest die verschärft­e Ruhestands­regelung zurücknimm­t. Für die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft ist Piazolos Beharren ein Ansporn, „auf Gegenangri­ff zu schalten“. Sie plant Kundgebung­en in München und Nürnberg, weitere sind in Vorbereitu­ng. Hauptperso­nalrätin Ruth Brenner ruft Piazolo zudem auf, das Gehalt der Grund- und Mittelschu­llehrer sofort auf das Niveau von Realschulu­nd Gymnasiall­ehrern anzuheben.

Dafür hatte sich der Minister zu Opposition­szeiten selbst eingesetzt. In den Koalitions­vertrag mit der CSU hat es die Forderung nicht geschafft.

„Piazolo hat im Umgang mit Lehrern einen dreifachen GAU verursacht.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany