„Ab Rosenheim ist Krieg auf der A8“
Verkehr Anwohner entlang der Autobahn wünschen sich nach Innenminister Herrmanns Aussagen in Sachen Tempolimit endlich Fakten. Denn die Zahlen sprechen eine klare Sprache
Augsburg Seine Briefe an Politiker in Berlin und München füllen bereits zahlreiche Aktenordner. Doch Stefan Vogg lässt nicht locker. Er wohnt in Streitheim. Die Gemeinde liegt im Gebiet des Streitheimer Forstes, mitten im Naturpark Westliche Wälder. Eine Wohnlage, die Ruhe und Idylle vermuten lässt. Wäre da nicht die Autobahn, die nur wenige hundert Meter nördlich der Gemeindegrenze verläuft. Und die A8 ist auch der Anlass seiner vielen Briefe. Er fordert seit Jahren ein Tempolimit auf der Strecke zwischen Augsburg und Ulm-Elchingen. „Wir hatten im vergangenen Monat im Zeitraum zwischen dem 6. und 20. Dezember drei komplette Vollsperrungen auf der A8.“Die Zeit sei „reif für ein Tempolimit“.
Mittlerweile mehren sich die Stimmen der Unterstützer. Die Polizei spricht sich für eine Regulierung der Geschwindigkeit aus, ebenso die Grünen im Landtag. Und zuletzt forderten auch die CSUBundestagsabgeordneten Volker Ullrich, Hansjörg Durz, Georg Nüßlein und Katrin Staffler in einem Brief an Innenminister Joachim Herrmann und den noch amtieren
Verkehrsminister Hans Reichhart eine Geschwindigkeitsbegrenzung.
Und nun scheint das Thema an Fahrt aufzunehmen. Jedenfalls erklärte Innenminister Herrmann schriftlich unserer Redaktion, das aktuelle Verkehrsunfallgeschehen auf der gesamten A8 zwischen München und Ulm-Elchingen zu überprüfen. „Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden wir entscheiden, ob Maßnahmen wie temporäre Tempolimits notwendig sind“, schreibt er.
Vogg bleibt skeptisch. Als einst aktiver Fußballer bei der Spielvereinigung Auerbach-Streitheim hat er gelernt, erst zu jubeln, wenn der Ball im Tor liegt und der Schiedsrichter zur Mitte zeigt. So weit ist es in Sachen Tempolimit noch lange nicht. Herrmanns Ankündigung, sich das Unfallgeschehen „detailliert und umfassend“anzuschauen, stößt bei dem ehemaligen Stürmer auf Skepsis. „Es kommt darauf an, wie ernst seine Aussagen gemeint sind“, sagt er. Zu oft sei er bereits von Versprechungen enttäuscht worden. Doch er gibt die Hoffnung nicht auf.
Wenn sich jetzt das bayerische Innenministerium einschalte, könne es trotz seiner Skepsis ein gutes Zeichen sein. Schließlich sei eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit Schildern kurzfristig und kostengünstig umzusetzen. „Wir sollten ein Tempolimit einfach mal testen und dann sehen, was dabei rauskommt“, fordert er ganz pragmatisch.
Jeder Unfall auf der A8 wirke sich negativ auf die Anwohner aus. „Das beginnt bereits mit dem Schleichverkehr im Falle einer Sperrung.“Ortskundige würden sogar die geöffneten Zufahrtswege zu den Regenüberlaufbecken
zwischen Zusmarshausen und Streitheim nutzen, um über Wald- und Feldwege dem Stau auf der Autobahn zu entfliehen. Gedacht sind diese Wege eigentlich für die Rettungsfahrzeuge. Im Falle eine Vollsperrung wälzen sich die Blechlawinen durch die Spiel- und Dorfstraßen der Gemeinden. „Auch der betriebswirtschaftliche Schaden ist enorm“, sagt Vogg mit Blick auf die bei der jüngsten Statistik gemessenen 984 Unfälle im Bereich zwischen Adelzhausen und Günzburg. Allein im 58 Kilometer langen Beden reich der Betreibergesellschaft Pansuevia zwischen Ulm und Augsburg sind die Unfallzahlen nach Auskunft des Geschäftsführers Robert Schmidt um 19 Prozent gestiegen. Vogg geht daher noch einen Schritt weiter.
„Um diesen unter anderem aufgrund der Topografie unfallträchtigen Streckenabschnitt sicherer zu machen, braucht es neben einem Tempolimit noch weitere Maßnahmen“, sagt er. Dies sei beispielsweise ein Lkw-Überholverbot vor allem an den Steigungen bei Adelsried, Zusmarshausen und Burgau. Und noch effektiver als ein Tempolimit sei zudem eine Telematik, also die digitale Verkehrssteuerung über Schilderbrücken. Diese Technik soll zwar in zwei, drei Jahren kommen. Allerdings nur im Bereich zwischen Neusäß und München.
Telematik würde sich auch Zusmarshausens Feuerwehrkommandant Stefan Weldishofer wünschen. Er und seine Kameraden müssen im Schnitt 60 Mal im Jahr bei Unfällen ausrücken. Die A8 fordert Einsatzbereitschaft. Tag und Nacht. Stefan Vogg registriert dies, sobald er aus dem Urlaub im Süden zurück nach Bayern kommt. „Ab Rosenheim ist Krieg auf der A8 los.“»Kommentar
Die Unfallzahlen sind um 19 Prozent gestiegen