Deutschland schottet sich ab
Coronavirus Das öffentliche Leben in Bayern kommt fast ganz zum Erliegen. Kinos, Bars und Geschäfte schließen
Augsburg Das sich rapide ausbreitende Coronavirus legt das öffentliche Leben auch in Bayern lahm. So sollen ab Dienstag Bars, Schwimmbäder und Kinos geschlossen werden, für die Gastronomie und für ausgewählte Geschäfte sind ab Mittwoch Einschränkungen geplant. Lebensmittelläden, Apotheken, Drogeriemärkte, Tankstellen und Banken werden offen bleiben. Das Leben im Freistaat werde „heruntergefahren“, hieß es aus einer Sitzung des Coronavirus-Krisenstabs unter Leitung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Die Grundversorgung werde aber aufrechterhalten. Wie Söder bestätigte, wird Bayern als erste Bundesland den Katastrophenfall ausrufen. Man werde das tun, weil man eine einheitliche Strategie unter einer einheitlichen Führung brauche.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte am Sonntagabend zudem verschärfte Kontrollen und Einreiseverbote an den Grenzen zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich, Dänemark und Luxemburg an. „Für Reisende ohne triftigen Reisegrund gilt, dass sie nicht mehr einreisen können“, sagte Seehofer. Dies gelte ab Montag um 8 Uhr. Ausnahmen soll es für Pendler geben, sie sollen per Passierschein zur Arbeit fahren dürfen. Auch der Warenverkehr sei nicht betroffen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen warnte dennoch vor Nachschubproblemen bei bestimmten Produkten im Supermarkt – es seien bereits Tausende Lastwagenfahrer an den Grenzen gestrandet. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden Läden Schwierigkeiten bekommen, ihre Lager mit bestimmten Produkten zu füllen“, sagte von der Leyen in einer Videobotschaft. „In diesem Moment der Krise ist es von äußerster Wichtigkeit, unseren gemeinsamen Binnenmarkt am Laufen zu halten.“
Wegen der Ausbreitung des Coronavirus schließt Bayern ab Montag auch alle Schulen, Kindergärten und Kitas bis zum Beginn der Osterferien am 6. April. Damit sind faktisch bis 20. April alle Bildungseinrichtungen geschlossen. Die Staatsregierung verhängte zudem Auflagen für den Besuch von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen. Seit dem Wochenende sind außerdem die staatlichen Museen, Archive, Bibliotheken und die Königsschlösser geschlossen. Die Deutsche Bahn will den Regionalverkehr einschränken, zudem finden in den Zügen keine Fahrkartenkontrollen mehr statt.
In Bayern sind inzwischen vier Menschen nach einer Infektion mit dem neuartigen Virus gestorben. Auch in Schwaben gibt es erste Corona-Opfer: Eine 86-Jährige aus einem Altenheim in Kempten starb im Klinikum Immenstadt. Einen zweiten Todesfall meldete das Gesundheitsministerium für den Landkreis Neu-Ulm. Wie unsere Redaktion erfuhr, handelt es sich um einen 83 Jahre alten Mann mit Vorerkrankungen, der vor kurzem aus Italien zurückgekehrt war und seit vergangener Woche auf der Intensivstation einer Klinik in Weißenhorn lag. Mindestens 886 Menschen wurden in Bayern bislang positiv getestet.
Im Leitartikel erklärt Rudi Wais, warum jetzt nur noch drastische Maßnahmen helfen. Ein Porträt des deutschen Corona-Papstes Christian Drosten finden Sie auf Seite 2. In der Politik erklären wir, was das Virus für Kliniken bedeutet und dass die Corona-Krise die Regierung eigentlich nicht überraschend trifft. Die Lage im Freistaat fassen wir auf Bayern zusammen. Auf Panorama werfen wir einen Blick nach Österreich, Spanien und Italien. Im Feuilleton erfahren Sie, wie Corona Hollywood das Fürchten lehrt. Und im Sport steht, wie das Virus die Fußballwelt auf den Kopf stellt.